Autonomes Fahren in der Zukunft

Das autonome Fahren wird in Zukunft vor dem Hintergrund einer wachsenden Digitalisierung verstärkt an Bedeutung gewinnen und die Mobilität grundlegend verändern. Der positive Aspekt selbstfahrender Autos sind eine Verringerung der Zahl der Unfälle und ein höherer Komfort während der Fahrten.

Welche Folgen das autonome Fahren für die Versicherungsbeiträge, Verkehrsrecht und ethische Fragen haben wird, beantworten wir in unserem informativen Beitrag zu dem zukunftsweisenden Thema.

Autofahren in Deutschland

Auf Deutschlands Straßen sind über 100 Millionen Autos unterwegs und jährlich kommt es zu über 2,6 Millionen Unfällen. Jedes Jahr steigen die Unfallzahlen und der Statistik zufolge ist der Mensch das größte Sicherheitsrisiko, weil er für einen Großteil der mit tödlichen Folgen verursachten Unfälle verantwortlich zeichnet. Moderne Sicherheitstechnologien wie Airbags und strengere Verkehrsgesetze helfen sicherer zu fahren, doch der Mensch bleibt der höchste Unsicherheitsfaktor.

Selbstfahrende Autos, bei denen das Autonome Fahren eine Künstliche Intelligenz (KI) übernimmt könnte den überwiegenden Teil der Unfälle mit Todesfolge unterbinden. Der Fahrer würde von einem besseren Fahrkomfort profitieren und müsste nur in Notfällen eingreifen.

Status Autonome Autos

Die Entwicklung autonomer Autos schreitet rasant voran und nach den Daten der kalifornischen Verkehrsbehörde Department of Motor Vehicles müssen menschliche Fahrer auf Testfahrten mit Roboterautos nur selten eingreifen. Zahlreiche Konzerne wie BMW, General Motors, Tesla, Nissan, Daimler, Volkswagen, Waymo und der US-Technologieriese Apple erproben schon seit Jahren selbstfahrende Autos.

Die Testfahrer müssen den Zahlen nach auf einer Strecke von 18.000 km nur einmal eingreifen und allein das zeigt, wie hoch die Sicherheit der Roboterautos bereits heute ist. Nach Einschätzung von Experten werden spätestens 2025 die ersten echten autonomen Autos für den regulären Straßenverkehr zugelassen. Anfangs dürfen die computergesteuerten Wagen nur auf Autobahnen fahren, da sie hier nicht auf Verkehrsanlagen wie Ampeln oder Zebrastreifen achten müssen.

In Deutschland wird die Zulassung erster Roboterautos zwischen 2025 und 2030 erwartet, weil der Breitbandstandard 5G flächendeckend verfügbar und die rechtlichen Bedingungen stimmen müssen. Immerhin planen BMW, Daimler und Volkswagen für die nächsten Jahre die ersten Probefahrten auf Autobahnen und Testgelände.

Willkommen in der Zukunft

In der Realität muss Otto Normalverbraucher wohl nicht mehr allzu lange warten, bis er sich über solche selbstfahrenden Autos freuen kann. Zumindest, wenn es nach den Plänen der Industrie geht. Die unterscheidet inzwischen verschiedene Levels des autonomen Fahrens.

Im Level null legt der Fahrer überall klassisch selbst Hand an und ist für alle Abläufe verantwortlich. Bei Level eins mit Fahrerassistenz übernehmen bereits bestimmte Teilbereiche, zum Beispiel der Notfallassistent oder der Tempomat, der den Abstand zum Vordermann regelt. Im zweiten Level, dem teilautomatisierten Fahren, führt das Auto mehrere Aufgaben gleichzeitig aus. So kann es beschleunigen, bremsen und lenken und auf diese Weise zum Beispiel auf der Autobahn autonom fahren oder im Stau komplett übernehmen, wie es heute bereits einige Modelle beherrschen.

In Level drei lässt der Fahrer fast komplett los, die Systeme übernehmen und führen sogar einen Spurwechsel durch. Eingreifen wird der Fahrer höchstens nach einer Vorwarnzeit. Im nächsten Level (vier) verlässt sich das System bereits komplett auf die eigenen Schaltkreise, ist kommunikativ mit seiner Umwelt, wie Ampeln oder anderen Fahrzeugen, verbunden und fährt auf der Straße selbst. Im finalen fünften Level haben Autos noch nicht mal ein Lenkrad, weil sie komplett autonom sind.

Experten rechnen mit solchen Szenarien, die teilweise in Modellen verbaut sind, in den kommenden Jahren und erst mal in vergleichsweise strukturiertem Verkehrsgeschehen wie Autobahn oder Parkhäusern. Allerdings sind noch reichlich Hürden zu nehmen: zum Beispiel die steuernde Software, entsprechende Sensoren, Ausfallsicherheit, aber auch rechtliche Probleme. Denn wer übernimmt die Verantwortung bei einem Autounfall, wenn nur noch die Systeme fahren?

Ein Gespräch mit Bertram Möller, EPS Technology Manager & Managing Director, Nexteer, über Steer-by-Wire-Systeme und Entwicklungen zum autonomen Fahren.

Anfang des Jahres ist Nexteer ein Joint Venture mit Continental eingegangen – warum haben Sie sich für diese Kooperation entschieden?

Im Fokus stehen Integration elektronischer Lenk- und Bremssysteme und das automatisierte Fahren. Wir kombinieren sozusagen das Know-how von Continental für automatisiertes Fahren, Sensortechnologie und hochentwickelte Bremstechnologie mit den Lenkungs- und Fahrerassistenztechnologien von Nexteer. Beschleunigen wollen wir die Weiterentwicklung bei Motion-Control-Systemen für Fahrzeuge. Generelles Ziel ist die sichere Fahrdynamik bei besseren Reaktionszeiten für das automatisierte Fahren.

Nexteer hat auf der vergangenen IAA „High Availability EPS- und Steer-by-Wire-Systeme für Level 2–5 autonomer Fahrsysteme“ vorgestellt. Können Sie konkreter sagen, was diese neue Lenkungstechnologie genau ist?

Sie bildet die Basis für das automatisierte Fahren von Level 2 bis 5. Die Lenkung ist für höchste Systemverfügbarkeit ausgelegt und mit hochklassigen, zuverlässigen Komponenten ausgestattet. Bei der Steer-by-Wire-Technologie fehlt die mechanische Verbindung zwischen den Rädern und dem Lenkrad. Dafür kommen Elektronik und Aktuatoren in Lenksäule und Lenkgetriebe zum Einsatz. Dank unserer Entwicklungen ist damit ein konventionelles wie auch ein automatisiertes Fahren möglich.

Das eröffnet zum Beispiel neue Möglichkeiten für Sicherheitsfunktionen wie Unfallvermeidung und Stabilitätskontrolle. Obwohl Lenkrad und Räder mit dem System nicht mehr mechanisch verbunden sind, muss der Fahrer noch merken, ob er sich zum Beispiel auf einer vereisten Straße befindet oder auf losem Untergrund ins Rutschen kommt. Das System ist flexibel anpassbar an die spezifischen Anforderungen der jeweiligen OEMs und ihrer Marken – ob man nun komfortabel oder sehr sportlich fahren möchte.

Verändern kann man damit den Fahrgastraum, wenn die Lenksäule im automatischen Modus einfährt. Das Cockpitkonzept lässt sich also ebenfalls verändern.

Steer-by-Wire nutzen auch Ihre neuen Lenkungs-technologien Nexteer Steering on Demand und Nexteer Quiet Wheel. Können Sie deren Vorteile beschreiben?

Es geht um ein neues Fahrerlebnis bei mehr Sicherheit. Mit dem Steer-by-Wire-System ermöglichen wir ein hervorragendes Lenkgefühl und ein direktes Lenkverhalten, wenn Sie lenken wollen. Sind Sie allerdings autonom unterwegs, dann soll dies klar ersichtlich sein und neue Funktionalitäten ermöglichen. Generell wollen wir die Übergabe zum autonomen Fahren für den Fahrer klarer und intuitiver gestalten. Mit Quiet Wheel und Steering on Demand bieten wir hier Lösungen an.

Fährt man autonom, so kann ein sich drehendes Lenkrad störend für den Fahrer sein.

Bei Quiet Wheel steht das Lenkrad in einer Art Ruheposition, sobald man autonom unterwegs ist. Zusätzlich zur festen Geradeausstellung kann es aus dem Fahrgastraum quasi in das Armaturenbrett hineingefahren werden. So ermöglicht Quiet Wheel mehr Platz und Sicherheit und zeigt dem Kunden deutlich, dass er sich im autonomen Fahrmodus befindet.

Will der Fahrer den autonomen Fahrmodus verlassen, so kann er sich über Steering on Demand das Lenkrad nehmen, aus der Ruheposition herausziehen und fließend, sicher und klar wieder die Kontrolle haben. Oder man möchte dem Fahrer anzeigen, dass er demnächst wieder das Fahrzeug lenken soll. Dann wird das Lenkrad über die Aktuatoren herausgefahren und die Lenkbewegung fließend an die Räder angepasst. Wieder findet eine klare, nachvollziehbare Übergabe vom autonomen Fahren zum konventionellen Lenken an den Fahrer statt.

Autonomes Fahren: Wie viele Räder hat die Zukunft?

Die Vorstellungen davon, wie wir uns in Zukunft - vor allem in den Städten - fortbewegen werden, sind sehr unterschiedlich. Während die einen die Zukunft im autonomen Fahren sehen, glauben andere, dass das Auto künftig nur noch eine untergeordnete Rolle spielen wird. Sicher ist: Lösungen müssen her.

Die Automobilindustrie sieht im autonomen Fahrzeug den Weg in die Zukunft. Spätestens seit Google im Jahr 2010 seine Ambitionen kundgab, in den Automobilmarkt einzusteigen, arbeiten die "klassischen" Automobilhersteller weltweit eifrig an ihren eigenen fahrerlosen Zukunftsautos. Glaubt man Forschern wie Dr. Daniel Göhring von der Berliner Forschungsgruppe Externer Link: Autonomos Berlin, könnten bereits 2020 die ersten selbstständigen Fahrzeuge auf unseren Straßen unterwegs sein. Zunächst wohlmöglich nur auf den Autobahnen, da sich die Autos dort besser zurechtfinden und der Verkehrsfluss besser berechenbar ist - später dann aber auch in den Innenstädten.

Netzdebatte Interview: Autonomes Fahren Vorheriges Audio 50 Min. Video Dauer 50 Min. gestern ist jetzt [26] - Displaced Persons Nächstes Video 7 Min. Video Dauer 7 Min. #1 - Eine Region im Aufbruch: Wie der Arabische Frühling alles verändert hat Interview Netzdebatte Interview: Autonomes Fahren Nicht fliegende, sondern autonome Autos sind der Trend der Zukunft. Wenn es nach Forschern wie Dr. Daniel Göhring geht, kann diese Zukunft nicht schnell genug kommen. Wir haben ihn getroffen und mit ihm über Mobilität, lästiges Pendeln und autonome Taxidienste gesprochen.

Dr. Daniel Göhring im Interview Worum geht es eigentlich beim autonomen Fahren und wird das die Mobilitätsprobleme unserer Städte lösen? Sind wir überhaupt schon soweit, dass autonome Fahrzeuge auch in kritischen Situationen die richtigen Entscheidungen selbst treffen können? Einige der Fragen des Netzdebatte-Interviews mit dem Experten Dr. Daniel Göhring. Die größten Herausforderungen gilt es momentan auf der rechtlichen und ethischen Ebene zu bewältigen. Wer die Schuld trägt, wenn ein autonom gesteuertes Fahrzeug einen Fußgänger übersieht, wird noch zu klären sein. „Hier stehen wir noch ganz am Anfang“, gibt Göhring zu bedenken. Einem Auto beizubringen, in gefährlichen Situationen eine Entscheidung zu treffen, ist die eine Sache. Festzulegen, was die richtige Entscheidung ist, die andere (Mehr zu den ethischen Dilemmata hier in Adrian Lobes Beitrag "Interner Link: Motoren mit Moral"). Dennoch: Die Hoffnungen in die autonomen Fahrzeuge sind groß. Ältere Menschen sollen länger und sicherer am Verkehr teilnehmen können. Behinderte Menschen könnten sich ebenfalls leichter unabhängig fortbewegen. Autonome Carsharing-Dienste könnten es außerdem ermöglichen, die Fahrzeugdichte zu verringern. Vor allem aber soll man seine Zeit im Auto in Zukunft besser nutzen können. Wir brauchen andere Modelle! Längst nicht alle sind davon überzeugt, dass das autonome Fahrzeug die Mobilitätsprobleme der Zukunft lösen kann. Schon heute haben die meisten Großstädte mit einer enorm hohen Fahrzeugdichte zu kämpfen - eine Trendwende ist noch nicht in Aussicht. Gerade in den Entwicklungs- und Schwellenländern - allen voran in China - gilt das Auto zudem in der aufstrebenden Mittelschicht noch immer als Statussymbol. Das Resultat: verstopfte Straßen, Unfälle und schlechte Luft.

Netzdebatte Interview: Mobilität muss vielfältig sein Vorheriges Video 4 Min. Video Dauer 4 Min. Was ist Frieden? Nächstes Audio 33 Min. Video Dauer 33 Min. Schere, Stein, Politik - Der Rasierer Interview Netzdebatte Interview: Mobilität muss vielfältig sein Spätestens seit Google den zigtausendsten Kilometer mit seinen selbstfahrenden Autos im Straßenverkehr von Palo Alto zurückgeleget hat ist klar: Autonome Fahrzeuge werden bald auch auf unsere Straßen unterwegs sein. Allerdings stellt sich dabei immer mehr die Frage, ob das Auto auch in Zukunft noch das Zentrum der Mobilität sein wird. Dr. Frank Wolter vom Innovazionszentrum für Mobilität u. gesellschaftlichen Wandel in Berlin wagt das zu bezweifeln.

Dr. Frank Wolter im Interview Wie verändert sich die Mobilität in der Stadt und auf dem Land? Hat das Auto als Statussymbol ausgediehnt? Und sind smarte Lösungen nur mit Technik möglich? Diesen und weiteren Fragen stellte sich Dr. Frank Wolter im Netzdebatte-Interview. Das Auto kann also, ob es nun selbst fährt oder nicht, wenn überhaupt, nur ein Teil der Lösung unserer Mobilitätsprobleme sein, glaubt Dr. Frank Wolter vom Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel in Berlin. In vielen Ländern, so Wolter, können wir schon heute einen Trend in Richtung "nutzen statt besitzen" beobachten. Das Auto verliert seine Bedeutung als Statussymbol, während Flexibilität in der Fortbewegung immer wichtiger wird. Dass das Auto ganz von der Bildfläche verschwinden wird, glaubt allerdings auch Wolter nicht. Dennoch mahnt er, dass Mobilitätskonzepte immer ganzheitlich gedacht werden müssen. Autonome Fahrzeuge könnten so z.B. im öffentlichen Verkehr eine größere Rolle spielen. "Vor allem aber wird es darauf ankommen, die verschiedenen Verkehrssysteme mithilfe digitaler Informationstechnologien so miteinander zu vernetzen, dass man sie quasi 'ohne nachzudenken' nutzen kann." Die Vernetzung verschiedener Systeme soll letztendlich dazu beitragen, dass man in seiner Fortbewegung flexibler ist, als es einem das private Fahrzeug bieten kann. Ein großes Problem bei den aktuellen Bemühungen um smarte Mobilitätskonzepte, so Wolter, ist die Tatsache, dass wir versuchen alle Lösungen zunächst rein technisch zu denken. Das greife aber meistens zu kurz: "Die autogerechte Stadt war ja auch eine technologische Revolution - verbunden mit dem Glauben, dass die Technologie Auto uns zufriedener, glücklicher und besser macht - und wie wir sehen, ist das nicht so."

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