Autoindustrie: "Die Automobilwirtschaft hat eine gute Zukunft"

Von Gernot Heller, RNZ Berlin

Berlin. Auch wenn "alte Arbeitsplätze" in der Autoindustrie verloren gehen, rechnet Professor Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte vom CAR – Center Automotive Research in Duisburg, am Ende mit deutlich mehr Jobs in der Branche.

In der deutschen Autobranche verschlechtert sich nach einer neuen Umfrage des DIHK die Lage.

Zukunft der Automobilwirtschaft in Nordrhein-Westfalen

Zukunft der Automobilwirtschaft in Nordrhein-Westfalen Status quo, Trends, Szenarien

Die Automobilindustrie unterliegt derzeit weltweit einem tiefgreifenden Strukturwandel. Die Elektrifizierung, die Fahrzeugautomatisierung und -vernetzung sind die wesentlichen Treiber dieser Entwicklung. „Was bedeuten diese Trends für Nordrhein-Westfalen?”, das ist die Kernfrage dieser Studie.

Der Ausgangspunkt ist die Einschätzung der wahrscheinlichen globalen Entwicklung bis zum Jahr 2040 in Form von Szenarien, deren mögliche Auswirkungen auf Umsätze, Wertschöpfung und Beschäftigung auf Landesebene dargestellt werden. Davon ausgehend werden Handlungsempfehlungen formuliert, die es dem Land ermöglichen sollen, bestmöglich vom Wandel zu profitieren.

Automobilwirtschaft im Umbruch

Die Automobilindustrie befindet sich weltweit in einem herausfordernden Umfeld. Die Produktion von Leichtfahrzeugen (PKW und leichte Nutzfahrzeuge) hatte 2017 weltweit mit 92,8 Millionen Einheiten einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. 2019 wurden nur noch 87,4 Millionen Fahrzeuge produziert.

Insbesondere die Coronakrise hat im Jahr 2020 nochmals zu einem globalen Einbruch der Produktion auf voraussichtlich nur rund 74 Millionen Fahrzeuge geführt. In Deutschland wurden 2020 19,1 Prozent weniger Fahrzeuge neu zugelassen als noch im Vorjahr. An diesem Tiefpunkt startet die Zukunftsanalyse in dieser Studie.

Erschwerend kommt hinzu, dass die deutschen Automobilhersteller weltweit nach wie vor erfolgreich agieren, aber die Inlands- zugunsten der Auslandsproduktion fällt. Verschärfte Umweltregulierungen – mit dem aktuellen 55-Prozent-Ziel zur Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2030 – setzen neue Rahmenbedingungen und verschärfen den Anpassungsdruck für die Unternehmen in der gesamten Automobilwirtschaft. Die derzeitige Emissionsminderungsregulierung für den Automobilsektor beruht noch auf dem 40-Prozent-Ziel zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Sie sieht einen Flottengrenzwert von 95 gCO2/km nach dem WLTP-Testverfahren für die Jahre 2021 bis 2024 und weitere Reduktionsschritte in den folgenden Jahren vor. Die Entscheidung über eine mögliche Anpassung dieses Flottengrenzwerts steht noch aus.

Auf der anderen Seite entfalten sich durch den automobilen Wandel auch Chancen für die Branche. Der Markt mit batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen wird in den nächsten Jahren stark wachsen. Brennstoffzellen und synthetische Kraftstoffe befinden sich in der Entwicklung. Ihnen wird großes Zukunftspotenzial eingeräumt, auch wenn sie aktuell noch nicht wettbewerbsfähig sind. Die Systeme für hochautomatisiertes Fahren (Level 4) sind entwickelt, aber noch nicht im Einsatz. Fahrerloses Fahren (Level 5) wird in Pilotprojekten erprobt. Auch die Vernetzung der Fahrzeuge schreitet voran. Die hierdurch entstehenden neuen Möglichkeiten lassen neue Märkte entstehen. Dazu zählen der Bau und Betrieb von Ladesäulen, Cyber-Security-Lösungen, die Analyse von Fahrzeugdaten, die Entwicklung einer vernetzten Verkehrsinfrastruktur und digitaler Geschäftsmodelle wie beispielsweise Mobilitätsplattformen. Diese neuen – heute noch weitgehend nicht existenten – Märkte können nach den Ergebnissen der im Projekt durchgeführten Expertenworkshops deutschlandweit auf gut 121 Milliarden Euro Wertschöpfung im Jahr 2040 dimensioniert werden – auf Nordrhein-Westfalen könnten davon entsprechend rund 15 Milliarden Euro entfallen. Das ist die zentrale Wachstumsperspektive der neuen klimafreundlichen und vernetzten Mobilitätssysteme.

Globale Szenarien der Automobilwirtschaft

In der Studie wird die Entwicklung der Märkte für Leichtfahrzeuge bis 2040 untersucht. Dazu zählen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 7,5t Gesamtgewicht. In verschiedenen Szenarien werden die weltweit produzierten Stückzahlen und die Marktvolumina in den drei relevanten Systemen Elektrifizierung, Fahrzeugautomatisierung und -vernetzung abgeschätzt, die den automobilen Strukturwandel maßgeblich prägen. Daneben werden die traditionellen Antriebe (Verbrennungsmotoren) und die Sonstige Systeme (Karosserie, Fahrwerk, Reifen, Interieur, Exterieur etc.) berücksichtigt. Für die einzelnen Systeme und die dazugehörigen Komponenten werden Mengen und Preise bis 2040 in Szenarien geschätzt.

Das Trendszenario geht von einem wenig dynamischen Wachstum der Fahrzeugproduktion in den nächsten 20 Jahren aus. Die Zahl der weltweit neu zugelassenen Fahrzeuge soll von 74,3 Millionen Einheiten (2020) auf 96,0 Millionen im Jahr 2040 ansteigen. Das ist ein Zuwachs von nur etwa 29 Prozent über 20 Jahre oder 1,3 Prozent pro Jahr. Zum Vergleich: Im Zeitraum der Jahre 2010 bis 2018 lag diese Wachstumsrate weltweit bei 3 Prozent. Der tiefgreifende Strukturwandel in der Automobilwirtschaft wird also nicht durch ein starkes Mengenwachstum flankiert, wodurch die Herausforderungen der Transformation steigen. Dieser flache Wachstumspfad spiegelt die großen Unsicherheiten wider, die mit dem radikalen Wandel zu neuen Antrieben eingehen. Die Umstellung von Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben hin zu elektrifizierten Antrieben bedarf an vielen Stellen im Gesamtsystem grundlegende Neuerungen und Weiterentwicklungen. Die hohe Adaption neuer Antriebe, die den Szenarien zugrunde liegt, muss erst bewältigt werden. Der Megatrend der Nachhaltigkeit gepaart mit einem Bedeutungsverlust individueller Mobilität bei Jüngeren und Wachstumsengpässen in den globalen Megacities erschweren es aktuell, das zukünftige Mobilitätsverhalten vorherzusagen. Viele Akteure in den Unternehmen der Automobilwirtschaft zeigen sich deshalb aktuell skeptisch bzgl. eines höheren Wachstumspfads, wie die Ergebnisse von Expertenworkshops im Rahmen dieser Studie belegen. Deshalb ist das Trendszenario vorsichtig konzipiert.

Entlang dieser eher niedrigen Wachstumsraten ist mit einem starken Strukturwandel hin zu elektrischen Antrieben zu rechnen. Der Anteil der neu zugelassenen Fahrzeuge mit traditionellem Verbrennungsmotor fällt von 95 Prozent (2020) auf nur noch rund 25 Prozent (2040). Batterieelektrische Fahrzeuge erhöhen ihren Anteil in diesem Zeitraum von aktuell 2 Prozent auf etwa 66 Prozent. Hybrid-Fahrzeuge bleiben eine Übergangslösung; ihr Anteil steigt von 3 Prozent (2020) auf 13 Prozent (2030) und fällt dann wieder auf 5,5 Prozent bis 2040 zurück. Die Brennstoffzelle bleibt nach aktuellem Kenntnisstand im Bereich der Leichtfahrzeuge ein Nischenprodukt. Mit einer breiteren Markteinführung wird erst 2030 gerechnet. Der Anteil dieser Fahrzeuge soll 2040 auf globalem Niveau bei etwa 4 Prozent liegen. Das entspricht 3,8 Millionen Fahrzeugen.

In einem Exkurs wird die Entwicklung im Bereich der schweren Lkw analysiert. Dort wird die Brennstoffzelle eine wesentlich höhere Bedeutung als bei den Leichtfahrzeugen einnehmen. Bereits 2030 sollen weltweit 9 Prozent der neu zugelassenen Lkw mit dieser Technologie angetrieben werden. Der Anteil steigt bis 2040 auf 43 Prozent und übersteigt deutlich den Anteil batterieelektrischer Lkw (23 Prozent). Der europäische Automobilherstellerverband (ACEA) hat im Dezember 2020 die Losung ausgegeben, dass alle Lkw bis 2040 ohne Verbrennungsmotoren auskommen müssen, um bis 2050 CO2-Neutralität in der EU zu erreichen. Das bedeutet für den Infrastrukturausbau eine doppelte Herausforderung. Es muss gleichzeitig ein Energieversorgungs- und ein Tankstellensystem für beide Antriebsarten aufgebaut werden.

Studie der IW Consult in Zusammenarbeit mit Fraunhofer IAO und für das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen: Zukunft der Automobilwirtschaft in Nordrhein-Westfalen – Status quo, Trends, Szenarien

Projektmitarbeiter

Mobilität der Zukunft. Herausforderungen und Zukunftschancen am Beispiel der Automobilindustrie

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleit

1.1 Problemstellung

1.2 Zielsetzung

1.3 Vorgehensweise

2. Vorstellung der Mobilitätsbranche

3. Schwerpunkt:Mobilität der Zukunft 2050

3.1 Automobilkonzerne

3.1.1 Marktsituation

3.1.2 Chancen

3.2 Automobilzulieferindustrie

3.2.1 Marktsituation

3.2.2 Chancen

3.3 Carsharing

3.3.1 Marktsituation

3.3.2 Chancen

3.4 Mögliche neue Rollen und Marktteilnehmer

3.5 Konzise Zusammenfassung

4. Handlungsempfehlunge

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzung Erklärung

ÖPNV öffentlicher Personennahverkehr

VDA Verband der Automobilindustrie

1. Einleitung

Wie lange wird die Mobilitätsbranche sowie sie heute ist noch überleben? Die jüngsten technologischen Innovationen verändern den Mobilitätssektor rasch und radikal und schaffen die Grundlage für Mobilitätslösungen, die zusammen mit den kulturellen und sozioökonomischen Veränderungen auf der ganzen Welt die Tür für neue Zukunftsszenarien öffnen, die noch schwer vorhersehbar sind, aber allmählich in den Vordergrund treten. Heute wird die Herausforderung der Innovation im Mobilitätsbereich durch die Megatrends Autonomes Fahren, Digitalisierung, alternative Antriebstechnologien sowie Car - Ride Sharing definiert.1 Bei dieser Arbeit werden vor allem die führenden Automobilhersteller, die Automobilzuliefererindustrie, Carsharing Anbieter sowie Neueinsteiger in der Mobilitätsbranche untersucht. Die Mobilität der Zukunft wird sich gegenüber der Vorstellung der heutigen Mobilität verändern. Nichts prägt das Leben heutzutage so sehr wie die Mobilität. Mobil zu sein ist eine Grundvoraussetzung für den privaten Haushalt und auch für das Wachstum in der Wirtschaft.2

1.1 Problemstellung

Wie in der Einleitung bereits beschrieben, steht die Mobilitätsbranche vor einer entscheidenden Wende. Mithilfe dieser Arbeit wird untersucht, wie die Unternehmen der deutschen Mobilitätsbranche heute handeln müssen, um in der Zukunft erfolgreich zu sein.

1.2 Zielsetzung

Das Ziel der folgenden Arbeit ist es, Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, wie die Unternehmen in der Mobilitätsbranche heute handeln sollten, um in der Zukunft erfolgreich zu sein. Dabei gehen wir auch auf das Szenario ein, wie die Mobilität der Zukunft generell aussehen könnte. Zudem sollen, im Hinblick auf die aktuellen Megatrends, nachhaltige Lösungen und neue Geschäftsmodelle für die Mobilitätsindustrien identifiziert werden.

1.3 Vorgehensweise

Um die Problemstellung dieser Arbeit analysieren zu können und darauf aufbauend die Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, wird sie in fünf verschiedene Kapitel unterteilt. Im ersten vorliegenden Kapitel wird die Arbeit mit einleitenden Sätzen in das Thema eingeführt. Darauf folgt das zweite Kapitel, worin der Aufbau der Mobilitätsbranche erläutert wird. Im ersten Teil des dritten Kapitels wird analysiert, wie die Zukunft der Mobilität generell aussehen könnte und welche Herausforderungen der Mobilitätsbranche durch diese Veränderungen bevorstehen. Im anschließenden zweiten Teil wird der IST­Zustand der thematisierten Bereiche der Mobilitätsindustrie konkretisiert und mögliche Zukunftschancen werden identifiziert. Aufbauend darauf werden im vierten Kapitel mögliche Handlungsempfehlungen an die ausgewählten Mobilitätsbereiche formuliert. Im fünften und letzten Kapitel wird die Arbeit mit einem Fazit und einem kurzen Ausblick abgeschlossen.

2. Vorstellung der Mobilitätsbranche

Mithilfe dieser Arbeit wird vor allem die Automobilindustrie, die Automobilzuliefererindustrie und die Carsharing Anbieter sowie neue Marktteilnehmer, die sich in der Mobilitätsbranche etablieren wollen oder es bereits haben, untersucht. Der größte Sektor in der Mobilitätsbranche ist allem voran die Automobilindustrie. Allein in Deutschland ist die Automobilindustrie der wichtigste Wirtschafts- und Arbeitsplatzsektor. Wird die gesamte Wertschöpfungskette eines Automobils betrachtet, ist die Automobilzuliefererindustrie ebenfalls ein signifikanter Teil der Mobilitätsbranche, da meist mittelständische Unternehmen für die Herstellung und Bereitstellung von Einzelteilen verantwortlich sind.3 Neben der Produktion von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, nehmen Mobilitätsdienstleistungs­Unternehmen einen immer höheren Stellenwert in der Mobilitätsbranche ein. Carsharing Anbieter haben sich in den letzten Jahren immer mehr etabliert und sind somit ein wichtiger Bestandteil der aktuellen, sowie der zukünftigen Mobilitätsbranche. Auch neue Marktteilnehmer, welche in den Mobilitätsmarkt eindringen wollen, werden mithilfe dieser Arbeit untersucht und näher begutachtet. Die Megatrends Digitalisierung, Autonomes Fahren, alternative Antriebstechnologien und Car and Ride Sharing spielen bei der Betrachtung der Mobilitätsbranche eine enorme Rolle.

3. Schwerpunkt: Mobilität der Zukunft 2050

Freie Straßen, leere Autobahnen, saubere Luft, ökologische Fahrzeuge, barrierefreie Nutzung von ÖPNV und Mobilitätdienstleistungen - die Vision der zukünftigen Mobilität sieht postfossil und verkehrsentspannter aus. Die steigenden Benutzerkennzahlen von Car and Ride Sharing Anbietern, Klimaschutzziele und das Schlagwort „Dekarbonisierung“ treiben alternative Antriebstechnologien sowie neue Mobilitätskonzepte voran. Auch die Ausarbeitung und Verbesserung von Autonomen Fahren und den digitalen Vernetzungen zwischen der Infrastruktur und anderen Verkehrssystemen, wie zum Beispiel mit Autos und Ampeln, befürworten den Wandel. Dass die bereits erwähnten Megatrends ausschlaggebend für die zukünftige Mobilität sein werden, ist durch die genannten Frühindikatoren erkennbar. Es wird nicht mehr das Auto im Mittelpunkt stehen, sondern die Mobilitätsdienstleistung wird ausschlaggebend sein. „Nutzen statt Besitzen“ wird der zukünftige Bezug zu Fahrzeugen sein.4 Neben dem richtigen Mobilitätsmix wird auch die Regulierung von Schadstoffemissionen und das Erreichen von Klimaschutzzielen die Zukunft prägen. Die Ziele, welche mit der Thematisierung der Klimaerwärmung um maximal 2 Grad einhergehen, müssen befolgt und eingehalten werden, weshalb der Umstieg auf alternative Antriebstechnologien absehbar ist.5 Dekarbonisierung wird die Mobilitätsbranche zukünftig prägen und könnte die Kaufentscheidung der Menschen für neue Fahrzeuge beeinflussen. Denn der Mobilitätskonsum wird zukünftig auf Umwelt und Ressourcen ausgerichtet sein. Daher muss sich die Automobilindustrie sowie die Automobilzuliefererindustrie auf neue Antriebstechnologien einstellen.6 Auch das Schlagwort „Digitalisierung“ wird die zukünftige Mobilität prägen. Durch Autonomes Fahren werden „intelligente“ Fahrzeuge in der Zukunft mit der Infrastruktur vernetzt und mit anderen Verkehrssystemen auf den Straßen unterwegs sein.7 Anhand der genannten Frühindikatoren, gesetzlichen Klimaschutzzielen sowie der Digitalisierung, ist es absehbar, dass die Mobilitätsbranche sich in einem weitreichenden Wandel befindet und somit einige Herausforderungen bevorstehen. Bis heute ist noch unklar, welche Antriebstechnologie die Zukunft prägen wird. Wird es die Elektro­, Wasserstoff-, oder doch Hybridmobilität sein? Zurzeit sind die auf dem Markt angebotenen Elektrofahrzeuge noch für viele Menschen zu teuer. Die Ladeinfrastruktur ist noch ausbaufähig und die kurzen Batterielaufzeiten führen dazu, dass die Elektrofahrzeuge noch keinen Markthochlauf erleben.8 Die Herausforderung besteht darin, die Elektrofahrzeuge günstiger zu produzieren und zu einem Massenmarkt tauglichen Preis anzubieten. Auch die Fachkenntnisse im Bereich der Batterietechnologie, welche vor allem in China, Japan oder Südkorea stärker ausgeprägt sind, müssen in Deutschland vorangetrieben werden, um einen essentiellen wirtschaftlichen Sektor innerhalb Deutschlands zu bewahren.9 Neben dem Batterie Know-how, müssen die Fachkenntnisse im Softwarebereich weiter vertieft werden. Denn das Autonome Fahren sowie die Vernetzung von „intelligenten“ Fahrzeugen und anderen Verkehrssystemen setzen die Anwendung komplexer Softwareprogramme voraus. Neben technologischen Herausforderungen muss die deutsche Automobilindustrie sich auf das veränderte Mobilitätsverhältnis einstellen. Es ist absehbar, dass in der Zukunft die Dienstleistung einer Mobilität im Mittelpunkt stehen wird und nicht das Fahrzeug selbst.10 Die deutsche Automobilindustrie steht vor der Herausforderung vom reinen Fahrzeughersteller zu einem Mobilitätsdienstleister zu werden. Carsharing Anbieter erleben zwar einen aktuellen Aufwärtstrend, jedoch müssen sie sich auch noch einigen Herausforderungen, betreffend dem Konsumverhalten sowie politischen und wirtschaftlichen Hindernissen, stellen. Dennoch ergeben sich dadurch auch enorme wirtschaftliche Chancen. Bei entsprechend frühzeitiger Umstellung der Technologien kann die deutsche Mobilitätsbranche weiterhin zu den Führenden weltweit gehören.

3.1 Automobilkonzerne

3.1.1 Marktsituation

Laut Jahresbericht 2018 der VDA, sind die internationalen Absatzzahlen, im ersten Quartal, überwiegend positiv ausgefallen und es wurden für 2018 weiterhin positive Zahlen prognostiziert.11 Trotz allem befindet sich die Automobilindustrie zurzeit in einer besonders schwierigen Position. Die Europäische Union hat den maximalen Schadstoffausstoß, vor allem den von CO2, massiv reduziert.12 Dabei hatte Deutschland das Ziel, bis 2020 eine Millionen Elektrofahrzeuge auf die Straßen zu bringen. Dieses Ziel konnte nicht erreicht werden und der Wandel ist ausgeblieben.13 Zwar ist die Nachfrage nach E-Autos sehr hoch, doch das Angebot ist derzeit noch zu gering. Die Automobilindustrie hat auch den Trend zur Sharing-Economy erkannt und dass das zukünftige Nutzerverhalten in Richtung „Nutzen statt Besitzen“ tendiert. Dabei haben Daimler und BMW die ersten großen Fortschritte in Richtung Mobilitätsdienstleister gemacht. Denn Daimler und BMW gehören die Carsharing Anbieter „car2go“ beziehungsweise „Drivenow“ und deren Fahrzeugflotten wurden mit Eigenfahrzeugen ausgestattet. Neben Daimler und BMW hat auch VW den Mobilitätswandel erkannt und bringt im ersten Quartal 2020 das erste rein elektrische Carsharing Angebot „WeShare“ auf den Markt.

3.1.2 Chancen

Auch wenn die zukünftige Mobilität die Automobilindustrie immens herausfordert, bieten sich auch einige Chancen an, um neue Marktsegmente oder Geschäftsmodelle zu erschließen, in der das Auto vollkommen postfossil und digital fährt. Nichtsdestotrotz verliert das eigene Auto bei der jüngeren Generation immer mehr an Bedeutung und die individuelle Mobilität sowie der Service übernehmen die Oberhand.14 Laut einer Studie von McKinsey heißt es, dass die Dienstleistung eines Automobilherstellers bis 2030 insgesamt 20% des Gesamterlöses ausmacht.15 Ausblickend auf 2050 könnte der Anteil weiter steigen und somit zur Haupteinnahmequelle der Automobilbranche werden. Mit den entsprechenden Innovationen könnte die deutsche Automobilindustrie auch hinsichtlich der Mobilitätsdienstleistung ein Vorreiter sein.

3.2 Automobilzulieferindustrie

3.2.1 Marktsituation

Durch die aktuellen Maßnahmen der Politik, hinsichtlich der Klimaschutzziele und das sich verändernde Mobilitätsverhältnis, ist es für die Automobilhersteller noch unklar, in welche Technologien oder Mobilitätskonzepte investiert werden sollte. Wird die Elektromobilität oder die Wasserstoffmobilität die Oberhand übernehmen? Wird zukünftig die Mehrheit weiterhin ein eigenes Auto besitzen oder leben wir in einer vollkommenen Carsharing Economy? Aufgrund der aktuellen Unklarheit setzen die Automobilhersteller auf akute Sparprogramme beim Einkauf von Fahrzeugteilen, um die Kosten in der Produktion in Grenzen zu halten.16 Dies betrifft die gesamte Supply Chain eines Automobilherstellers. Vor allem die oft mittelständischen Automobilzulieferer. Da der Druck steigt, sinken die Margen stark. Im Gegensatz dazu wächst der Kapitalbedarf, da in alternative Antriebstechnologien investiert werden muss, was dazu führt, dass die Automobilzuliefererindustrie in einem Zielkonflikt steckt. Die größten Produktionswerte eines Autos sind der Verbrennungsmotor, die Abgassysteme, das Getriebe, die Kraftstoffversorgung und das Motormanagement.17 Durch diese Fixierung besteht die Gefahr, dass viele Firmen den Anschluss an andere technologische Bereiche verlieren.

3.2.2 Chancen

Durch die bereits genannten Herausforderungen haben die Zulieferer aber nicht nur mit Problemen zu kämpfen. Der Mobilitätswandel bringt auch viele Chancen, um neue Geschäftsmodelle oder Strategien zu entwickeln. Durch die Digitalisierung und Automatisierung und den Aufstieg des Autonomen Fahrens, erfordert das zukünftige Fahrzeug viele zusätzliche Komponentenfunktionen, wodurch die Zulieferer die Chance haben, ihre Rollen und den Wertschöpfungsbeitrag, in unterschiedlichen technologischen Aspekten, zu stärken.18 Neben technischen Veränderungen, wird sich auch die Anforderung an die Ausstattung eines Elektrofahrzeugs ändern. Die Karosserien müssen auf leisere, elektrisch angetriebene Fahrzeuge ausgelegt werden. Auch bei der Nutzung der Heizung, der Klimaanlage sowie anderen Systemen, muss der Energieverbrauch deutlich reduziert werden.

3.3 Carsharing

3.3.1 Marktsituation

Die Carsharing Anbieter „car2go“ und „Drivenow“ haben erkannt, dass durch die Nutzung einer Applikation deutlich mehr Kunden erreicht werden. Somit haben sich „car2go“ und „Drivenow“ zu einem Joint Venture zusammengeschlossen und vereinen ihre Kräfte im Bereich der Mobilitätsdienstleistung. Das Joint Venture „Sharenow“ besteht nicht nur aus dem Carsharing, sondern beinhaltet auch andere Funktionen, wie zum Beispiel die Unterstützung bei der Suche nach E- Ladestationen sowie die Parkplatzreservierung, um eine umfassende Plattform zu schaffen, die jeden Mobilitätsbedarf abdeckt. Zudem ist bis heute das Kundenwachstum stetig gestiegen und „Sharenow“ ist nach Kundenzahlen 2019 der größte Carsharing-Anbieter in Deutschland. Der Anbieter weist im Oktober 2019 eine Kundenzahl von rund drei Millionen Kunden auf. Im Vergleich weist der Carsharing Anbieter „Flinkster“, ein Tochterunternehmen der deutschen Bahn, mit den zweitmeisten Kundenzahlen, eine Kundenanzahl von 315.000 auf.19 Nichtsdestotrotz bleibt die aktuelle Marktentwicklung noch verhalten. Denn der private PKW weist weiterhin noch zu viele Alleinstellungsmerkmale auf, um den kompletten Umstieg auf die Nutzung von Carsharing-Fahrzeugen umzusetzen.20 Ebenfalls spielt die Infrastruktur der Fahrzeugflotten sowie die Verfügbarkeit der Fahrzeuge eine große Rolle, wodurch die Marktentwicklung momentan noch gebremst wird. Somit lässt sich festhalten, dass schon einige Carsharing Anbieter in der Mobilitätsbranche Fuß gefasst haben. Jedoch zeigt die aktuelle Marktsituation, dass Carsharing für viele Menschen ein eigenes Fahrzeug noch nicht vollständig ersetzen kann.21

[...]

1 Vgl. Mogge, Felix: Im Sturm der Mobilitätswende. Wie Autozulieferer den Wandel der Branche meistern können. In: Roland Berger GmbH, München, 2019, S.03.

2 Vgl. ADAC e.V., Die Evolution der Mobilität, München, 2017; S.06.

3 Vgl. SPD Bundestagsfraktion, Top 5: Automobilität der Zukunft, Rust, 2016, S.02.

4 Vgl. Riegler, Sebastian/Juschten, Maria/Hössinger, Reinhard u.a., Carsharing 2025 - Nische oder Mainstream?, Wien, 2016, S. 12.

5 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Klimaschutzplan 2050, Berlin, 2016, S.06.

6 Vgl. ADAV e.V., die Evolution der Mobilität, München, 2017, S.25.

7 Vgl. ADAC e.V., die Evolution der Mobilität, München, 2017, S.30.

8 Vgl. Reuters, „Kaufprämien für Elektroautos soll erhöht werden“, in Zeit, 2019.

9 Vgl. Dudenhöffer, Ferdinand, „Autobranche wird zur Mobilitätsbranche“, in: Frankfurter Rundschau, Frankfurt, 2016.

10 Vgl. Riegler, Sebastian/Juschten, Maria/Hössinger, Reinhard u.a., Carsharing 2025 - Nische oder Mainstream?, Wien, 2016, S.12.

11 Vgl. VDA, Jahresbericht 2018, Berlin, 2018, S.12.

12 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Die EU Verordnung zur Verminderung der CO2-Emissionen von Personenkraftfahrzeugen, Berlin, 2009.

13 Vgl. Bundesregierung, Elektromobilität weiter vorantreiben, Berlin, 2018.

14 Vgl. Pierluigi Coppola, Fulvio Silvestri; Autonomous vehicles and future mobility solutions, Rom, 2019, S. 03.

15 Vgl. Autoland Sachsen, Die automative Agenda der Zukunft - Automobilzulieferer vor immensen Herausforderungen, Ausgabe 2-2016, Dresden, S. 05.

16 Vgl. Mogge, Felix: Im Sturm der Mobilitätswende. Wie Autozulieferer den Wandel der Branche meistern können. In: Roland Berger GmbH, München, 2019, S. 14.

17 Vgl. Dudenhöffer, Ferdinand, „Autobranche wird zur Mobilitätsbranche“, in: Frankfurter Rundschau, Frankfurt, 2016.

18 Vgl. Henning Hinderer, Fabian Kehle, Elektromobilität Chancen für Zulieferer und Hersteller, Pforzheim, 2016 S. 36.

19 Vgl. Statista; Größte Carsharing-Anbieter in Deutschland nach Kundenzahl, 2019.

20 Vgl. Riegler, Sebastian/Juschten, Maria/Hössinger, Reinhard u.a., Carsharing 2025 - Nische oder Mainstream?, Wien, 2016, S.119.

21 Vgl. Riegler, Sebastian/Juschten, Maria/Hössinger, Reinhard u.a., Carsharing 2025 - Nische oder Mainstream?, Wien, 2016, S. 93.

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