Die Rolle von Stahl in der Elektromobilität

Eine Studie des „Handelsblatt Research Institut“ für voestalpine gibt Antworten auf Fragen nach der sicheren und nachhaltigen Auto-Mobilität der Zukunft – und der Rolle von Stahl in Hinblick auf Motor, Karosserie, Batterie und Ökobilanz.

Mit dem Wechsel vom Verbrennungs- zum Elektromotor haben sich Werkstoffe wie Aluminium und Kunststoffe in der Automobilindustrie weiter etabliert. Für Stahl ist dennoch mit gleichbleibender oder gar steigender Nachfrage zu rechnen: Die Entwicklung hochfester Sorten sichert die Zukunft von Stahl in der Automobilindustrie. Der Werkstoff unterstützt Ziele wie Gewichtsreduktion, Recyclingfähigkeit und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen. Dies geht aus der Studie „Die Rolle von Stahl in der Elektromobilität“ des Handelsblatt Research Institutes im Auftrag von voestalpine hervor, die im Rahmen der Handelsblatt Jahrestagung „Zukunft Stahl“ im März 2019 präsentiert wurde. Die wichtigsten Ergebnisse sind hier kurz zusammengefasst.

1. Der Motor

Im „Stromer“ wird Stahl im wörtlichen Sinne bewegend sein. Denn ohne modernes Elektroband bringt kein stromgespeister Motor das Fahrzeug voran. Für ein reines Elektrofahrzeug sind zwischen 40 und 100 Kilo nicht kornorientiertes Elektroband erforderlich. Damit könnte allein in Europa der Bedarf an diesem Produkt auf über eine Million Tonnen jährlich steigen – je nach Nachfrageentwicklung. Stahlhersteller konzentrieren sich darauf, Elektroband, also weichmagnetischen Werkstoff, fester und dünner zu machen, ohne seine Magnetisierung zu beeinträchtigen; so wird gleichzeitig das Gesamtgewicht des Motors reduziert. Hier sind heute die physikalischen Grenzen fast erreicht, so dass sich Stahlhersteller künftig durch ihre Kompetenz bei Klebe-, Füge- und Umformtechniken differenzieren können: Effizienzpotenzial bieten noch schonendere Verarbeitungsmethoden mit weniger Schneide- und Stanzschritten für einen besseren Wirkungsgrad. Spezielle Legierungen mit erhöhtem Silizium- und Aluminiumanteil reduzieren zudem Wärmeverluste im Motor bei der Ummagnetisierung bis zu 30 Prozent. Wer als Hersteller in diesem Segment Know-how aufweisen kann, sichert sich beste Voraussetzungen am „E-Markt“.

2. Die Karosserie

Nicht nur beim Bau konventionell angetriebener Fahrzeuge wird auf Leichtbau gesetzt, um das Gewicht der Fahrzeuge zu verringern. Auch bei Elektrofahrzeugen spielt dieser Trend Leichtbau eine wichtige Rolle, um das immer noch enorme Gewicht der Batterie auszugleichen und das Gesamtgewicht des ´Fahrzeugs zu verringern. Dabei steht die Entwicklung im Spannungsfeld

des Gewichts;

der Wirtschaftlichkeit über die Kosten der Werkstoffe und

der Anforderungen an deren Verarbeitung sowie

der Nachhaltigkeit über die Recyclingfähigkeit der eingesetzten Werkstoffe.

Und hier punktet der Werkstoff Stahl nach wie vor. Hochfeste Stahlmarken bilden eine wesentliche Basis des modernen, nachhaltigen Leichtbaus und setzen sich gegen Aluminium oder Carbon durch. Sie mindern das Fahrzeuggewicht um 25 bis 39 Prozent. Über den Lebenszyklus eines Autos gerechnet, helfen sie damit, bis zu 4,5 Tonnen Treibhausgas einzusparen.

Das berücksichtigen auch namhafte Hersteller. BMW beispielsweise baut seinen i5 ab 2021 aus Stahl und Leichtmetall statt aus Carbon, wie noch das Modell i3. Auch Tesla konvertiert: Beim seinem jüngst in ausländischen Märkten ausgelieferten Modell 3 gehen die Alu- und Titan-Anteile zugunsten von Stahl zurück, vermerkt die Handelsblatt-Studie.

Außerdem zahlt sich der Stahleinsatz auch in wirtschaftlicher Hinsicht aus, denn im Vergleich mit anderen Werkstoffen ist er deutlich günstiger.

3. Die Batterie

Ein neues zentrales Fahrzeugelement – zumindest in Sachen Antrieb – der automobilen Zukunft ist die Batterie. Ihre Größe erfordert neue konstruktive Lösungen und die Bewältigung neuer Herausforderungen hinsichtlich der Sicherheit. Für Werkstoffhersteller bietet sich somit ein völlig neues Betätigungsfeld, nämlich die Produktion des Batteriekastens als Gehäuse für die Batterie – also die Umhüllung der mehrere hundert Kilogramm schweren Batteriepakete. Es ist ein Punkt in der Autokonstruktion, für den noch keine Jahrzehnte zurückreichenden Erfahrungen vorliegen.

Da Batterien kontinuierlich weiterentwickelt werden, müssen Produzenten von Batteriegehäusen flexibel auf Neuerungen reagieren können. Um sie den unterschiedlichsten Modellentwürfen anpassen zu können, sollten sie designfrei, evtl. modular, sein. Vom Werkstoff werden chemische und Temperaturbeständigkeit ebenso verlangt wie Flammschutz. Natürlich soll ein Batteriekasten seinem Inhalt Unfallresistenz bieten und für Dichtheit, aber auch zuverlässig für die Ableitung der Wärme sorgen. Gleicht man dieses Anforderungsspektrum mit dem Wunsch nach geringem Gewicht und niedrigen Herstellungskosten ab, so beweisen hoch- und höchstfeste Stähle ihre Vorteile gegenüber solistischen Werkstofflösungen aus Aluminium, Titan oder Faserverbundstoffen.

4. Die Sicherheit

Ob E-Auto oder Verbrenner: Insassenschutz bleibt ein wesentlicher Punkt bei der Fahrzeug-Konstruktion. Neueste Stahlsorten gewinnen hier, so die Handelsblatt-Studie, noch weiter an Bedeutung. Denn sie verfügen über die drei- bis viermal höhere Zugfestigkeit und können gezielt verformbar produziert werden. Damit sind sie ideal für Integralträger und B-Säulen geeignet. Ergänzend mindern moderne Fügetechniken wie das Laserschweißen gegenüber herkömmlichen Lötverbindungen die Spannungen bei der Verbindung von Metallteilen und stärken so die Sicherheit im Crashfall noch weiter.

5. Die Nachhaltigkeit

Bei allen Entwicklungs- und Produktionsschritten ist die Ökobilanz ein wichtiger Faktor: Klimaschutz ist der Treiber für Elektromobilität. Daran ändert auch der so genannte „ökologische Rucksack“ der energieintensiven Batterieproduktion nichts. Auch hier, so die Handelsblatt-Studie, werden verbesserte Herstellungstechnologien in Zukunft die Verhältnisse verändern. Für die ökologischen Vorteile spricht außerdem die zunehmende Verwendung von Werkstoffen, deren Lebenszyklusbetrachtung die Gesamtbilanz verändert, zum Beispiel beim Einsatz von Stahl anstelle von Aluminium oder Carbon. Recycling ohne Qualitätsverlust – damit liegt der Werkstoff beim Life Cycle Assessment ganz vorn.

Je mehr Energie aus erneuerbaren Quellen ihren Beitrag zur Produktion – wie auch zum Laden der Batterien von Elektroautos – leistet, desto günstiger wirkt es sich auf die Ökobilanz der Elektromobilität der Zukunft.

Kurz: In der Elektromobilität wird künftig ein intelligenter Werkstoff-Mix vorherrschen, in dem Stahl unter den Gesichtspunkten Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Sicherheit eine entscheidende Rolle spielt.

6. Die Meinungen

Für die Autoren der Handelsblatt-Studie steht fest: Stahl ist der unverzichtbare Begleiter im Wachstumssektor Elektromobilität. Die damit verbundene Entwicklung fordert den Stahlherstellern eine weitergehende Spezialisierung auf hochwertige Produkte ab und bietet ihnen gleichzeitig neue Chancen. Das meinten die Interviewpartner der Handelsblatt-Studie:

„Die Herstellung solcher Stähle ist unglaublich kompliziert – das können nicht viele Hersteller.“ Dierk Raabe, Direktor des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung, Düsseldorf, zur Herstellung speziell legierten Elektrobandes.

„Es gilt die Annahme, wer den Batteriekasten liefert, dürfte auch den Werkstoff für das Chassis beisteuern – ein wichtiger wirtschaftlicher Aspekt.“ Wolfgang Wieland, Geschäftsführer Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (Fosta)

„Der Trend zum Ultraleichtbau ist erst einmal vorbei. Stahl ist der Gewinner dieser Entwicklung.“ Franz W. Rother, Chefredakteur des Magazins Edison, fasst die Entwicklung im Werkstoffmix zusammen.

„Zunehmend wichtig ist beim Materialmix die Gesamt-Ökobilanz.“ Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management, Bergisch-Gladbach, unterstreicht die gewachsene Bedeutung des Life-Cycle-Assessment.

Mit der Elektromobilität ökologisch unterwegs

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Elektromobilität: E-Autos, Plug-In-Hybride und Batterien

Elektromobilität: E-Autos, Plug-In-Hybride und Batterien

Ein „Sorgenkind“ der Treibhausgasemissionen in Deutschland ist noch der Verkehr: Zwischen 1990 und 2019 wurden die Emissionen dort im Gegensatz zum Industriesektor, dem Gebäudebereich oder der Landwirtschaft nicht verringert.

Die Elektromobilität kann zur Lösung dieses drängenden Umweltproblems beitragen. Doch mit der Umstellung auf den Elektro-Antrieb allein ist es nicht getan. Solange der Anteil des motorisierten Individualverkehrs und die Art der Fahrzeuge – immer noch liegen SUVs im Trend – gleichbleiben oder sogar weiterwachsen, wird die Entwicklung zur Nachhaltigkeit kaum gelingen.

Zwar ist der Elektromotor sehr energieeffizient. Dieser Vorteil wird jedoch geschmälert, wenn weiterhin der klassische motorisierte Individualverkehr mit seiner geringen Effizienz pro Personenkilometer dominiert. Der Rohstoffbedarf zur Herstellung der Fahrzeuge bleibt unverändert hoch.

Wie bei vielen technischen Entwicklungen – ein anderes Beispiel aus dem Verkehrsbereich ist das autonome Fahren – hängt also der ökologische Nutzen nicht davon ab, ob sich Elektromobilität durchsetzt, sondern wie sie gestaltet wird. Eine klimafreundliche Mobilität ist nicht allein eine Frage der technologischen Entwicklung. Daneben müssen sowohl ein Bewusstsein für ein nachhaltiges Verkehrsverhalten entstehen als auch politische Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass ein solches Verhalten belohnt wird.

Treibhausgasbilanz: Elektro-Auto vs. Verbrenner

So klimafreundlich ist ein Elektroauto gegenüber einem sparsamen Diesel: Da Strom in Deutschland noch zum größten Teil aus fossilen Quellen wie Kohle hergestellt wird, trägt auch ein E-Auto heute noch zum Ausstoß von Treibhausgasen bei. Jedoch verursacht ein durchschnittlicher mittelgroßer Diesel-Pkw der „Golf-Klasse“ im Betrieb pro Kilometer etwa dreimal so viel CO 2 -Äquivalente wie ein vergleichbares Elektrofahrzeug. CO 2 -Äquivalente (CO 2 e) sind ein Maß für die klimaschädliche Wirkung verschiedener Treibhausgase.

Unter normalen Straßenbedingungen sind das beim Diesel über 200 Gramm pro Kilometer. Ein E-Fahrzeug mit einer Batteriekapazität von 60 Kilowattstunden setzt dagegen in der Nutzungsphase nur Treibhausgase von gut 60 Gramm CO 2 e pro Kilometer frei. Bei der energieaufwändigen Herstellung des E‑Autos fallen hingegen zusätzliche rund sechs Tonnen Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Verbrenner an. Hochgerechnet auf eine Laufleistung von 180.000 Kilometern emittiert ein E-Fahrzeug rund 25 Tonnen CO 2 e weniger als ein Diesel. Diese Rechnung geht vom deutschen Strommix aus und berücksichtigt, dass der Anteil an erneuerbarem Strom in Zukunft steigen wird.

E-Mobilität und Ökostrom gehören zusammen

Elektrofahrzeuge erzeugen zwar keine Treibhausgasemissionen am Auspuff, sie fahren also lokal CO2-frei. Aber die Klimabilanz eines E-Autos hängt letztlich vom Strom ab, mit dem das Fahrzeug betrieben wird. Nutzer von Elektrofahrzeugen können zum Ausbau von erneuerbaren Energien beitragen: beispielsweise, indem sie das Fahrzeug mit Ökostrom laden.

Es kommt dabei aber auf die ökologische Qualität des Stroms an. Viele Öko- und Fahrstromanbieter verteilen lediglich Strom aus erneuerbaren Energien zwischen verschiedenen Stromverbrauchern um. Wichtig ist, dass auch ein tatsächlicher Impuls für einen zusätzlichen Ausbau der erneuerbaren Energien entsteht.

Mehr dazu im Thementext „Ökostrom: Woran erkennt man seine Qualität?“

Feinstaub in den Städten wird weniger

Stärker als beim Treibhauseffekt, der ein globales Problem ist, kommt es bei den Luftschadstoffen darauf an, an welchem Ort sie emittiert werden. Der Straßenverkehr verursacht rund 60 Prozent, in Einzelfällen sogar bis zu 80 Prozent der gesundheitsschädlichen Stickoxid-Emissionen. Dreiviertel dieser Menge stoßen Diesel-Pkw aus.

Mehr Elektromobilität im innerstädtischen Verkehr verbessert die Luftqualität erheblich. Denn Elektrofahrzeuge fahren lokal abgasfrei, da sie keine Partikel aus Verbrennungsprozessen freisetzen.

Auch der „sekundäre“ Feinstaub verringert sich durch Elektromobilität. Die verbleibenden Emissionen aufgrund von Reifen- und Bremsabrieb sowie Aufwirbelung von Stäuben sind für Mensch und Umwelt etwas weniger schädlich. Positiv auswirken könnte sich auch, dass Elektroautos durch Rekuperation bremsen können, also durch Energierückgewinnung, und so weniger Bremsbeläge verbrauchen. Dadurch erzeugen sie möglicherweise weniger Feinstaub. Dieser Zusammenhang ist jedoch noch nicht ausreichend belegt.

Batterie-Rohstoffe: Knackpunkt oder nicht?

Lithium, Nickel und Kobalt – für die Herstellung der Batterien von Elektrofahrzeugen werden große Mengen an wertvollen Metallen benötigt. Eine Antriebsbatterie kann zum Beispiel zwischen 6 und 11 Kilogramm Lithium sowie zwischen 9 und 13 Kilogramm Kobalt enthalten. Ein wichtiger Rohstoff ist auch Kupfer, das beispielsweise für die Fahrzeugelektronik oder Ladeinfrastruktur verwendet wird. Hinzu kommen Seltene Erden wie Neodym und Dysprosium, welche für den Elektromotor benötigt werden, wenn auch in geringeren Mengen.

In wenigen Jahrzehnten wird die Nachfrage nach einigen dieser Rohstoffe die heutigen Fördermengen deutlich übersteigen. Beispiel Lithium: Szenarien zufolge könnte sich der globale Bedarf bis zum Jahr 2050 verzehnfachen. Der Bedarf läge dann pro Jahr noch immer bei weniger als einem Prozent der heute bekannten Ressourcen. Insgesamt kann das vorhandene Lithium den Bedarf decken. Nur temporär könnten Engpässe entstehen, zum Beispiel weil Produktion, Verarbeitung und Recycling nicht parallel zur Nachfrage wachsen oder nur wenige Anbieter existieren.

Die Elektromobilität spart aber auch wichtige Rohstoffe: So wird kein Blei für die Starterbatterie mehr gebraucht, auch Metalle der Platingruppe und Seltene Erden für den Katalysator werden eingespart. Und nicht zuletzt ermöglicht Elektromobilität langfristig die Unabhängigkeit vom Erdöl.

Mehr dazu im Blogbeitrag „#VerkehrswendeMythen4: Die Elektromobilität wird an knappen Batterie-Rohstoffen wie Kobalt oder Lithium scheitern“

Aufbau eines Recyclingsystems unverzichtbar

Weltweit gibt es über eine Milliarde Autos und in jedem stecken große Mengen an wertvollen Rohstoffen und Sekundär-Rohstoffen. Für viele Materialien existieren bereits etablierte Kreisläufe, weil sich bei einer Massenproduktion die kommerzielle Wiederverwertung rentiert. Zumindest in den Industrieländern sind Recyclingquoten bei Altfahrzeugen von weit über 90 Prozent üblich.

Dadurch werden nicht nur ökologische und soziale Folgen der Rohstoffgewinnung in den Abbauländern gemindert, sondern auch die negative Klimawirkung wesentlich reduziert. Recyceltes Aluminium verursacht beispielsweise 95 Prozent weniger Treibhausgase als der neu gewonnene Rohstoff. Es ist zu erwarten, dass auch für „neue“ Materialien vergleichbare Recyclingkreisläufe entstehen.

Verbindliche Vorgaben wie Sammel- und Recyclingquoten, die Formulierung von ökologischen und sozialen Standards für Primärrohstoffe oder Maßgaben zur recyclingfreundlichen Konstruktion könnten das Batterierecycling fördern und wirtschaftlich attraktiver machen.

Ist die Elektromobilität schuld an Ausbeutung und Umweltzerstörung beim Abbau von Rohstoffen wie Kobalt und Lithium? Die Antwort hier im Blogbeitrag

Das Problem mit der Reichweite

Fast alle E-Fahrzeuge, die heute auf den Markt kommen, haben laut aktuellem Messzyklus (WLTP) eine Reichweite von mehr als 200 Kilometern. Besonders Fahrzeuge der Mittel- und Oberklasse liegen mit WLTP-Reichweiten von 300 bis über 500 Kilometern auch deutlich darüber.

Oft werden die Fahrzeuge mit unterschiedlichen Batteriegrößen angeboten, sodass Kunden das Fahrzeug wählen können, das ihren Anforderungen entspricht. Die Nutzung von Nebenverbrauchern wie Heizung oder Klimaanlage, aber auch kalte Außentemperaturen und eine ungünstige Fahrweise können die Reichweite jedoch auf die Hälfte verkleinern.

Allerdings legen über 90 Prozent der Privat-Pkw in Deutschland täglich weniger als 80 Kilometer zurück, sofern keine außergewöhnlichen Fahrten wie Urlaub oder lange Dienstreisen anstehen. Im Alltag können also in 9 von 10 Fällen die Alltagsfahrten problemlos mit batterieelektrischen Pkw bewältigt werden, selbst wenn tagsüber keine Lademöglichkeiten erreicht werden und die Akkus daher nur nachts geladen werden können.

Distanzen bis acht Kilometer überwiegen

Plug-in-Hybride verbrauchen mehr Strom und Benzin

Die optimale Lösung des Reichweiten-Problems in Verbindung mit Klimafreundlichkeit scheinen Plug-In-Hybride zu sein. Ein Plug-In-Hybrid-Fahrzeug (PHEV) kombiniert einen elektrischen mit einem konventionellen Antrieb und kann extern mit Strom geladen werden. Wenn die Hälfte der Kilometer elektrisch gefahren wird, stößt ein mittelgroßer PHEV der „Golf-Klasse“ über die gesamte Lebensdauer etwa ein Fünftel weniger Treibhausgase aus als ein Dieselfahrzeug.

Letztlich entscheidet aber die Art der Nutzung über die Klimabilanz der Plug-In-Hybride: Je mehr Kilometer elektrisch gefahren werden, desto klimafreundlicher ist das Fahrzeug im Vergleich zum Diesel oder anderen Antrieben. Plug-In-Hybride verbrauchen meist etwas mehr Strom und Benzin als ihre reinelektrischen oder rein konventionellen Pendants. Das liegt unter anderem daran, dass die Fahrzeuge schwerer sind. Kritisch zu sehen ist, dass PHEVs bisher meist als schwere Oberklassefahrzeuge angeboten werden, die überdurchschnittlich viele Emissionen verursachen.

Unterschied zwischen Plug-in-Hybrid- und Hybrid-Pkws

Ein Hybrid-Pkw hat neben einem konventionellen Verbrennungsmotor auch einen Elektromotor und eine kleine Batterie. Im Gegensatz zum Plug-In-Hybrid-Fahrzeug, das eine wesentlich größere Batterie besitzt, wird der Hybrid-Pkw nicht extern mit Strom geladen.

Im Stadtverkehr bieten Hybrid-Fahrzeuge heute eine sinnvolle und kostengünstige Möglichkeit, CO 2 -Emissionen von Pkw zu verringern: Beim Bremsen wird die Bremsenergie im Hybrid-Fahrzeug durch den Elektromotor, der dann als Generator fungiert, zurückgewonnen und in der Batterie gespeichert. Die gespeicherte Energie wird zum Anfahren, bei niedriger Geschwindigkeit oder zur Unterstützung des Verbrennungsmotors genutzt. Je häufiger man bremsen und anfahren muss, desto höher ist das Einsparpotenzial. Zudem wird durch das Zusammenspiel von elektrischem und konventionellem Antrieb der Verbrennungsmotor in günstigen Drehzahlbereichen betrieben. Mit einem aktuellen Benzin-Hybrid-Fahrzeug lässt sich, je nach Typ und Fahrprofil, bis zu 20 Prozent Kraftstoff und damit CO 2 gegenüber einem konventionellen Fahrzeug einsparen.

Die Kombination mit dem elektrischen Antrieb verbessert also die Energieeffizienz des Fahrzeugs, der Klimavorteil ist aber begrenzt. Denn der Hybrid-Pkw wird weiterhin rein mit Diesel oder Benzin betankt. Damit profitiert der Hybrid auch in der Zukunft nicht wie das Elektroauto oder der Plug-In-Hybrid vom Ausbau der regenerativen Energien. Bezieht man außerdem die Fahrzeugherstellung ein, schrumpft der Klimavorteil des Hybrid gegenüber einem Verbrenner auf rund 10 Prozent. Denn die Produktion von Batterie und Elektromotor ist mit Treibhausgasemissionen verbunden. Im Vergleich dazu schneidet ein Elektroauto inklusive Herstellung mit einem Klimavorteil von fast 50 Prozent deutlich besser ab.

Integration ins Energiesystem: Viel mehr Strom vonnöten

Die Frage ist, wie viel zusätzlicher Strom aus erneuerbaren Energien für die E-Fahrzeuge gebraucht wird. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen im Jahr 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein. Dadurch würde sich die Stromnachfrage im Verkehrssektor etwa verdreifachen. Das bedeutet zusätzlich bis zu 30 Terrawattstunden jährlich oder rund fünf Prozent des deutschen Stromverbrauches des Jahres 2019.

Um diesen Strombedarf mit Solar- und Windenergie zu decken, müssten 13 Prozent mehr Strom aus erneuerbarer Energie erzeugt werden als heute. Zum Vergleich: Die Stromexporte aus Deutschland entsprachen im Jahr 2019 mit rund 33 Terrawattstunden in etwa dem Energieverbrauch der Elektrofahrzeuge im Jahr 2030.

Erhöht sich langfristig der Anteil an elektrisch betriebenen Pkw im Straßenverkehr auf drei Viertel, würde der zusätzliche Strombedarf auf 85 bis 100 Terrawattstunden pro Jahr ansteigen. Das entspricht etwas weniger als der gesamten deutschen Stromerzeugung durch Windenergie an Land im Jahr 2019. Diese wurde mit etwa 29.500 Windkraftanlagen bereitgestellt. Geht man von modernen Onshore-Anlagen an Land aus, würden in diesem Szenario etwa 10.000 neue Windräder gebraucht. Dafür geeignete Flächen dafür sind in Deutschland Onshore und Offshore (in der offenen See vor der Küste) grundsätzlich verfügbar. Jedoch gibt es vor Ort oft Hindernisse und Akzeptanzprobleme sowie weitere neue Stromverbraucher, wie Gebäude oder Industrie. Daher sind sparsame Fahrzeuge und eine effiziente Organisation der Mobilität unverzichtbar.

Laden und öffentliche Ladeinfrastruktur

Wer Wohneigentum und einen Stellplatz auf dem eigenen Grundstück besitzt, kann eine Ladestation meist problemlos einrichten. Eine einfache Wandladestation, eine sogenannte Wallbox, wird mit Drei-Phasen-Wechselstrom betrieben und überträgt maximal 11 Kilowatt Leistung. Das entspricht dem Drehstrom, mit dem üblicherweise ein Küchenherd angeschlossen wird.

Alternativ kann das Fahrzeug an der Wallbox auch einphasig oder über eine klassische Schuko-Steckdose geladen werden. Dabei werden nur 3,7 Kilowatt Leistung übertragen, entsprechend länger dauert das Laden. Private Pkw stehen nachts durchschnittlich mehr als zehn Stunden still. Diese Ladezeit reicht aus, um die gängigen elektrischen Fahrzeuge vollständig zu laden. Um abzuschätzen, wie lange es dauert, die Fahrzeugbatterie von 0 auf 100 Prozent zu laden, teilt man die nutzbare Batteriekapazität durch die Ladeleistung.

Über die öffentliche Ladeinfrastruktur informieren inzwischen viele Anbieter und Online-Communities. Dort erhält man einen umfassenden Überblick zu Anzahl, Leistung und Ausstattung der Stromtankstellen sowie über Preise, Abrechnungsmethoden, Zugang, Öffnungszeiten und Zahlungsmedien.

Kosten

Elektrofahrzeuge sind in der Anschaffung ohne Förderung noch teurer als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Im Betrieb sind sie dagegen günstiger, vor allem durch die niedrigeren Energiekosten. Darüber hinaus fallen weniger Kosten bei Wartung, Reparatur und Steuern an. Käufer von Elektro- und Plug-In-Hybrid-Fahrzeugen profitieren zudem von der „Kaufprämie“ zur Förderung der Elektromobilität. Sie setzt sich zusammen aus einem Herstelleranteil und einem Bundesanteil.

Ob ein Elektrofahrzeug insgesamt günstiger ist als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, hängt stark davon ab, ob ein Fahrzeug von der Kaufprämie profitiert und wieviel damit gefahren wird. In einem Kostenvergleich kommt der ADAC zu dem Ergebnis, dass die Gesamtkosten von Elektrofahrzeugen aufgrund der Förderung häufig auch bei Jahresfahrleistungen von 10.000 Kilometern niedriger als bei vergleichbaren Verbrennern ausfallen.

Elektrische Pkw können billiger sein

Mehr dazu im Blogbeitrag „#VerkehrswendeMythen6: Elektroautos sind zu teuer“

Projekt: Fragen und Antworten zur Elektromobilität

„Ist das Elektroauto in seiner ökologischen Gesamtbilanz klimafreundlicher als ein sparsamer Diesel?“ Diese und weitere Fragen werden häufig an die Geschäftsstelle Elektromobilität bei der LandesEnergieAgentur für Hessen (LEA) herangetragen. Ihre Beantwortung ist nicht immer ganz einfach, da hier oft komplexe Zusammenhänge beachtet und zukunftsbezogene Annahmen herangezogen werden müssen. Das Öko-Institut hat im Auftrag der LEA meistgestellte Fragen gesammelt und beantwortet. Das Kompendium liegt bereits in der 2. Auflage vor.

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Klimafreundlich, effizient, smart? Antworten zur Elektromobilität

Zu oft im Verbrenner-Modus: Plug-in-Hybride gefährden Klimaziele im Verkehr

In einer Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts, des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) und von „Transport & Environment“ die Umweltwirkung von Plug-In-Hybriden untersucht. Dabei zeigt sich, dass Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge im täglichen Betrieb in der Regel überwiegend den Verbrennungsmotor nutzen. Damit emittieren sie deutlich mehr CO 2 als für die Berechnungen der deutschen Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 bisher angenommen wurde. Bei den derzeitigen Rahmenbedingungen gefährdet somit der weitere Markthochlauf von Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen die deutschen Klimaziele 2030 im Verkehrsbereich. Aus umweltpolitischer Sicht sollte die Förderung aus Kaufprämie und Steuervorteilen dringend überprüft werden.

Studie „Plug-in hybrid electric cars: Market development, technical analysis and CO₂emission scenarios for Germany“

Weitere Infografiken zum Thema Elektromobilität

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