Mythen zum Wasserstoffauto: Die Wahrheit über die Brennstoffzelle

9 Mythen zum Wasserstoffauto Die Wahrheit über die Brennstoffzelle

Die Bundesregierung will Wasserstoff zu einer weiteren Säule der Energiewende machen, auch im Verkehr. Und investiert neun Milliarden Euro. Aber zum Wasserstoffantrieb gibt es noch mehr Unklarheiten und Vorurteile als zum Elektroauto. Was stimmt und was nicht.

Brennstoffzellenautos sind gefährlich

Dieses Gerücht hält sich hartnäckig, wohl wegen der Demonstration der Knallgasreaktion im Chemieunterricht. Was richtig ist: Wasserstoff (H2) brennt, wenn Sauerstoff in der Nähe ist und bildet mit Sauerstoff in einem weiten Bereich (H2-Anteil von 4 bis 75 Prozent) ein zündfähiges Gemisch. Ein explosives Gemisch (Knallgas) mit Sauerstoff bildet Wasserstoff erst bei einem Anteil ab 18 Prozent. Aber das kommt mit Wasserstoff nicht so leicht zustande – weil Wasserstoff gut 14 mal leichter ist als Luft, verflüchtigt er sich schnell. Problematischer ist es, wenn sich Wasserstoff in nach oben geschlossen Hohlräumen fängt. Allerdings müssten die sehr dicht geschlossen sein, denn Wasserstoff dringt durch kleinste Ritzen.

Tritt er beispielsweise aus dem Drucktank eines Autos aus, steigt er schnell auf und davon, ehe er sich mit dem Sauerstoff der Umgebungsluft vermischen kann. Das haben Forscher um Michael Swain von der University of Miami bereits 2003 mit einem Test demonstriert. Sie setzten zwei Autos in Brand, eines mit Benzintank, das andere mit Wasserstoff-Drucktank. In die Treibstoffleitungen hatten die Forscher zuvor jeweils ein kleines Loch gebohrt. Was passierte? Beide Fahrzeuge fingen erwartungsgemäß Feuer. Unterschiede ergaben sich aber beim Verlauf: Der Benziner stand nach 60 Sekunden lichterloh in Flammen, das Wasserstoffauto blieb weitgehend unversehrt, denn der Wasserstoff verbrannte sehr schnell in einer gewaltigen Stichflamme, die weit über das Fahrzeug nach oben schoss. Aber in der Folge erlosch sie schnell wieder. Das Auto mit Benzintank brannte hingegen vollständig aus, so wie es auch im realen Verkehrsgeschehen immer wieder vorkommt.

Fazit: Wasserstoff ist in Verbindung mit Sauerstoff brennbar und ab einem bestimmten Verhältnis ist ein Gemisch explosiv. Aber Wasserstoff ist extrem flüchtig, weil er so leicht ist. In der Praxis ist er wohl eher weniger gefährlich als andere Auto-Treibstoffe. Von Brennstoffzellenautos geht keine besondere Explosionsgefahr aus. Die Brandgefahr ist bei Autos mit Benzin- oder Dieseltank größer.

Wasserstoff lässt sich nur verlustreich in Tanks speichern

Beim BMW Hydrogen 7, der Wasserstoff in einem herkömmlichen Hubkolbenmotor verbrannte, war der Wasserstoff in einem thermisch hochisolierten Tank sehr kalt (-250 Grad) verflüssigt gespeichert. Trotz der Isolation wird der Wasserstoff im Tank mit der Zeit wärmer und verdampft. Damit der Druck dadurch nicht zu hoch wird, muss das entstehende Wasserstoffgas aus dem Tank entweichen können. Wenn es nicht genutzt werden kann, entstehen erhebliche Verluste. Der halbvolle Flüssigwasserstofftank des Hydrogen 7 leerte sich bei Nichtbenutzung in 9 Tagen. Für die Umwelt wäre das kein Problem, für den Nutzer schon.

Die aktuellen Brennstoffzellenautos führen den Wasserstoff gasförmig in 700-bar-Drucktanks mit. Mit den Tanks sammelte man nicht zuletzt bei Erdgasautos (Druck bis 200 bar) Erfahrungen. Sie haben mehrlagige Wände aus verschiedenen Materialien, so dass selbst die kleinen Wasserstoffatome nicht durch die Tankwände diffundieren können. Die Verluste durch entweichenden Wasserstoff sind daher inzwischen marginal. Verluste fallen hingegen weiterhin beim Komprimieren an. Die meisten Quellen beziffern sie mit gut 12 Prozent.

Der hohe Druck macht die Tanks aufwendig. Das Tanksystem wiegt derzeit noch etwa 125 Kilogramm und fasst etwa beim Mercedes GLC F-Cell 4,4 Kilogramm. Der Verbrauch pro 100 Kilometer liegt bei etwa einem Kilogramm, so dass der GLC mit der Energie aus der Brennstoffzelle gut 400 Kilometer weit kommen soll. Bei einem Tesla Model S mit ähnlicher Reichweite wiegt der Akku zirka 650 Kilogramm.

Fazit: Erdgasautos haben in den vergangenen Jahren die Technik für Tanks nach vorne gebracht, nennenswerte Verluste durch Entweichung oder Diffusion gibt es nicht mehr.

Wasserstoffautos brauchen viel Energie

Moderne Brennstoffzellen erreichen laut Prof. Dr. Christian Mohrdieck, Geschäftsführer der Mercedes-Benz Fuel Cell GmbH und verantwortlich für die Brennstoffzellenentwicklung im Daimler-Konzern, einen Wirkungsgrad von 83 Prozent, das Gesamt-Fahrzeug kommt auf gut 50 Prozent. Elektroautos kommen auf 90 Prozent Wirkungsgrad. Verluste entstehen hier vor allem beim Schnellladen – dann kann der Wirkungsgrad auf 75 Prozent sinken.

Aber: Die Brennstoffzelle hat laut Mohrdieck heute schon einen etwa doppelt so hohen Wirkungsgrad wie ein Verbrennungsmotor. Er liegt je nach Betrieb bei bis zu 65 Prozent. Die Gesamtenergiebilanz ist entsprechend deutlich besser. Wichtig: Bei der Brennstoffzelle handelt es sich um einen Energiewandler – sie wandelt Wasserstoff zu elektrischem Strom. Deshalb kann ein solches System nie genauso effizient sein wie eine Batterie, die ein Energiespeicher ist. Diese Schwäche ist jedoch gleichzeitig auch eine Stärke: Die Abwärme des Brennstoffzellensystems kann zusätzlich für die Beheizung der Fahrzeuge genutzt werden.

Betrachtet man die ganze Kette von der Wasserstofferzeugung bis zur Umwandlung in elektrische bzw. kinetische Energie kommt man laut Mohrdieck tatsächlich auf einen Wirkungsgrad von nur noch 29 bis 32 Prozent. Damit ist das Brennstoffzellenauto nur geringfügig besser als Benziner (22 Prozent) oder Diesel (25 Prozent). Aber auch das Elektroauto ist bei einer Well-to-wheel-Betrachtung (inklusive Stromerzeugung) nur minimal besser als das Brennstoffzellenauto. Und selbst wenn der Wasserstoff aus Erdgas gewonnen wird, ist der Wirkungsgrad des Brennstoffzellen-Autos well to wheel um etwa 25% besser als beim Benziner.

Batteriefahrzeuge sind effizienter

Maximilian Fichtner, Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm, rechnete im November 2019 in der Wirtschaftswoche allerdings vor, dass der Verkehr in Deutschland einen jährlichen Energiebedarf von etwa 770 Terawattstunden habe. "Bei einer Flotte mit reinen Wasserstoff-Antrieben wie der Brennstoffzelle bräuchte man wegen des schlechteren Gesamtwirkungsgrades bis zu 1000 Terawattstunden. Das Elektroauto ist um ein Mehrfaches effizienter: Eine rein elektrische Flotte mit Batteriefahrzeugen käme mit rund 200 Terawattstunden Energie pro Jahr aus".

Der große Vorteil des Wasserstoffs: Als transportabler Speicher für große Energiemengen ist er unschlagbar – als stationärer Energiespeicher ist er Batterien erst recht überlegen: vielseitiger, flexibler, billiger. Auch Maximilian Fichtner ist daher nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Wasserstoff, sieht ihn aber nicht im Pkw, "sondern im stationären Bereich, als Speicher in der Stromversorgung für volatile Erneuerbare, und teilweise auch im Schwerlastverkehr oder bei Schiffen, und natürlich in der Industrie".

Fazit: Einen Wirkungsgrad-Nachteil des Wasserstoffautos gegenüber Autos mit Verbrennungsmotoren gibt es nicht. Im Gegenteil: Selbst bei der Erzeugung von Wasserstoff aus fossilen Energieträgern ist der Wirkungsgrad besser als beim Verbrenner. Gegenüber dem Elektroauto ist das Brennstoffzellenauto well to wheel allerdings schlechter, weil die Erzeugung des Wasserstoffs mit Strom und die erneute Umwandlung in Strom doppelt am Wirkungsgrad knabbern. Hinzu kommt der Energieaufwand für Speicherung und Betankung. Dafür taugt Wasserstoff besser als transportabler Energiespeicher. Wenn es gelingt, genug grünen Strom zu erzeugen, was laut Prof. Maximilian Fichtner nicht so klar ist, ist die Wirkungsgrad-Diskussion im Grunde akademisch. Denn das Ziel alternativer Antriebe ist die Reduktion der CO2-Emissionen. Und da sieht es gut aus fürs Wasserstoffauto. Aber das ist eine eigene Geschichte.

Wasserstoff gibt’s in der Natur nicht, seine Erzeugung kostet Energie

Wasserstoff, so weiß Wikipedia, "ist das häufigste chemische Element im Universum, jedoch nicht in der Erdrinde". In der Tat ist die Ausbeutung molekularer Wasserstoffvorkommen auf der Erde praktisch nicht möglich. Andererseits ist Wasserstoff vergleichsweise einfach zu gewinnen, grundsätzlich in beliebigen Mengen, da Wasserstoff eben in Wasser enthalten ist. Im Prinzip lässt er sich auch aus fossilen Energieträgern wie Erdgas erzeugen. Potenziell "grün" ist hingegen die Erzeugung durch Elektrolyse – wenn der dazu benötigte Strom CO2-neutral erzeugt wird. Denn die Elektrolyse funktioniert, vereinfacht gesagt, indem man ein Wasserbecken unter Spannung setzt. Dann steigt an der Kathode Wasserstoff und an der Anode Sauerstoff auf. Beides zusammengeführt erzeugt via Brennstoffzelle wieder Strom (und Wasser). Im Prinzip ein wunderbarer Kreislauf – wenn der Strom CO2-neutral erzeugt wird. Denn die Elektrolyse hat zwar einen Wirkungsgrad von 60 bis 70 Prozent, aber der Wasserstoff wird ja anschließend wieder in Strom umgewandelt. Die doppelte Umwandlung hat den oben beschriebenen negative Effekt auf den Wirkungsgrad.

Geht man allerdings von CO2-neutraler Stromerzeugung aus, die ohnehin auf der Agenda steht, spielt der Wirkungsgrad freilich nicht mehr die entscheidende Rolle. Dann tritt eher die Speicher- und Transportfähigkeit in den Vordergrund, denn gerade bei alternativer Energiegewinnung muss mit großen Spitzen und Flauten gerechnet werden, darum rechnen Experten damit, das bei Stromerzeugung aus alternativen Quellen 200 bis 300 Terrawattstunden gespeichert werden müssen. Oft entsteht die Energie auch dort, wo sie nicht gebraucht wird. Dazu passt die Wasserstofferzeugung als Zwischenspeicher an sich perfekt, während Strom speichern via Batterie viel zu teuer ist.

Hinzu kommt, dass Wasserstoff auch bei der Erzeugung von Stahl eine wichtige Rolle zur CO2-Reduzierung spielen könnte. Aktuell kommt in Hochöfen Koks (aus Kohle) als Brennstoff und Reduktionsmittel zum Einsatz. Rund 50 Millionen Tonnen CO2 emittieren die Stahlhütten allein in Deutschland pro Jahr (Autoverkehr 2017: 115 Millionen Tonnen). Verwendet man Wasserstoff statt Koks, entsteht bei der Stahlerzeugung selbst kein CO2. Allerdings muss der Stahl dann mit mehr externer Energie erhitzt werden und der Wasserstoff erzeugt werden. Entsteht er, wie die Wärmeenergie, aus regenerativen Quellen, geht das CO2-Einsparungspotenzial gegen 100 Prozent – die Branche will ja auch bis 2050 im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen CO2-neutral werden.

Was das mit Wasserstoffautos zu tun hat? Erstmal bestehen die auch zu großen Teilen aus Stahl und zweitens bräuchte dann eine ganze Industrie viel mehr Wasserstoff, als der Verkehr jemals benötigen dürfte, sprich: Es würde vermutlich viel Wasserstoff erzeugt, so dass die Versorgung von Autos kein Problem wäre. Schon die aktuell in Deutschland erzeugte Menge an Wasserstoff reichte für etwa 750.000 Autos.

Fazit: Ja, Wasserstoff lagert praktisch nicht in unterirdischen Feldern wie Öl zum Beispiel. Aber seine Gewinnung mithilfe regenerativ erzeugter elektrischer Energie und seine Speicherung sind bewährt und technologisch einfach. Daran sollte das Brennstoffzellenauto nicht scheitern.

Umfrage 167709 Mal abgestimmt Sollen wir in Zukunft alle mit Wasserstoff fahren? Auf jeden Fall! Die Brennstoffzelle vereint potenziell CO2-freies Fahren sowie Reichweite zum Nachtanken. Nein! Brennstoffzellenautos sind genausowenig CO2-neutral wie E-Autos und es wird nie genug bezahlbaren Wasserstoff geben. mehr lesen

Die CO2-Bilanz des Wasserstoffautos ist schlecht

Das ist ein Trugschluss. Batterieelektrisch angetriebene Autos sind zwar beim Wirkungsgrad Tank to Wheel (also vom Stromtanken bis zum Fahren) schwer zu schlagen. Aber selbst mit aus Erdgas gewonnenem Wasserstoff ist das Wasserstoffauto bei der Well-to-wheel-Betrachtung schon um etwa 25 Prozent besser als Autos mit Verbrennungsmotor. Und beim aktuellen Strommix ist die CO2-Bilanz des Brennstoffzellenautos über die gesamte Lebensdauer auch etwas besser als die des E-Autos.

Und was die Produktion angeht, spricht nichts dagegen, dass Brennstoffzellenfahrzeuge dieselbe Entwicklung durchlaufen wie Elektroautos. Die verursachen in der Herstellung heute noch 80 Prozent höhere CO2-Emissionen als ein Verbrenner. Sie sparen aber im Fahrbetrieb mit konventionellem Strommix etwa 65 Prozent CO2 gegenüber diesem ein. Dadurch sind ihre Gesamtemissionen an CO2 über den ganzen Lebenszyklus bei gleicher Laufleistung um mindestens 40 Prozent geringer.

Gelingt es, das Batteriefahrzeug nur mit regenerativem Strom zu betreiben, schrumpfen seine CO2-Emissionen über den Lifecycle betrachtet um 70 Prozent gegenüber dem Verbrenner. Auf sehr ähnliche Zahlen kommt der Brennstoffzellenantrieb, der in der Herstellung weniger, im Fahrbetrieb aber etwas mehr Emissionen als das Batteriefahrzeug verursacht und bei dem die Bereitstellung des Wasserstoffs einen großen Einfluss auf den Gesamteffekt hat.

Vor allem wird der Vorsprung von E-Autos in der CO2-Bilanz in Zukunft weiter wachsen. Denn, so heißt es etwa bei Mercedes, "die Optimierung der Batterietechnologie und -produktion bietet ein großes Potenzial für weitere Einsparungen. Schon heutige Batterien verursachen in der Herstellung rund 25 Prozent weniger CO2-Emissionen als Traktionsbatterien der ersten Generation. Für die nächste Generation stellen Experten Einsparungen in derselben Größenordnung in Aussicht: Die künftigen Batterien werden also nur noch halb so hohe CO2-Emissionen in der Herstellung verursachen wie die erste Generation, und ein Drittel weniger als die heutige.

Fazit: Insgesamt ist das Brennstoffzellenauto trotz eigener (vergleichsweise kleinerer) Batterie mindestens so CO2-arm wie das rein batterieelektrische Auto. Aber mit Wasserstoff lässt sich binnen Minuten Reichweite nachtanken ohne große und somit schwere Batterien mitzuführen. Letzteres qualifiziert die Brennstoffzelle auch für Nutzfahrzeuge.

Brennstoffzellen brauchen viel knappes Platin

Wie man beim Elektroauto gern über Kobalt oder Lithium spricht, die eine massenhafte Herstellung unmöglich machen würden, gibt es ähnliche Einwände gegen die Brennstoffzelle. Denn zu deren Herstellung braucht man Platin, ein teures Edelmetall.

Andererseits verwenden wir seit den 1980er-Jahren Platin in den Katalysatoren von Benzinern. Diskussionen darüber hört man hingegen keine. Braucht man für eine Brennstoffzelle so viel mehr Platin als für den Katalysator eines Verbrennungsmotors? Tatsächlich hatte die Mercedes B-Klasse F-Cell noch eine Brennstoffzelle mit hohem Platingehalt. Auch heute wird Platin noch als Katalysator im Stack verwendet. Beim neuen GLC F-CELL konnte Mercedes die Platinmenge gegenüber der Wasserstoff-B-Klasse um 90 Prozent reduzieren und wird im nächsten Schritt, so verspricht Prof. Mohrdieck, "nur noch wenig mehr als beim Kat eines vergleichbaren Benziners betragen (8-10g)".

Um Platin in der Brennstoffzelle zu ersetzen ist allerdings laut Mohrdieck noch viel Forschungsarbeit nötig. Aber die Recyclingquote beim Platin in Benziner-Kats beträgt bereits 98 Prozent. ähnliche Werte sind bei der Brennstoffzelle laut Mohrdieck auch denkbar.

Fazit: Der Platin-Bedarf massenhaft produzierter Brennstoffzellen-Autos ist nicht höher als der für moderne Benziner.

Brennstoffzellen-Autos erzeugen das Klimagas Wasserdampf

Wasserdampf führt in der Atmosphäre grundsätzlich zu Erwärmung und wird daher auch als Klimagas bezeichnet. Aber beim Betrieb eines Brennstoffzellenautos wird überraschenderweise kaum mehr Wasser emittiert als bei einem Verbrenner, denn Benzin besteht aus Kohlen-Wasserstoffen. Auch bei seiner Verbrennung wird also Wasserdampf frei. Allerdings hat der Wasserdampf beim Brennstoffzellenauto viel niedrigere Temperaturen und kondensiert früher. Darum wird das beim Betrieb anfallende Wasser teilweise aufgefangen und zur Befeuchtung der Brennstoffzelle wiederverwendet. Glatteisgefahr durch Brennstoffzellenautos ist also ebenso nicht zu erwarten.

Bei Flugzeugen mit Brennstoffzellenantrieb wäre die Wasserrückgewinnung lohnend: Man könnte sich die Mitnahme von rund 90 Prozent des Wassers für die Toiletten sparen – eine spannende Möglichkeit auch für Wohnmobile.

Fazit: Dass beim Betrieb von Brennstoffzellen-Autos Wasser entsteht, ist weder für Umwelt noch für den Verkehr ein Problem.

Brennstofftankstellen kann sich niemand leisten

Die meisten Experten taxieren die Kosten für den Bau einer Wasserstofftankstelle derzeit auf etwa 1.000.000 Euro. Gleichzeitig werden für ein flächendeckendes Netzt in Deutschland etwa 1.000 Tankstellen veranschlagt. Die Infrastruktur für Brennstoffzellenautos käme also auf etwa eine Milliarde Euro. Klingt viel, ist es aber nicht. Zum Vergleich: Der Dieselskandal hat den Volkswagenkonzern bis heute zirka 28 Milliarden Euro gekostet.

Wie die Autos auch, könnten Wasserstofftankstellen durch Skaleneffekte bei einer Art Massenherstellung zudem erheblich günstiger werden (ca. 400.000 Euro statt ca. 1.000.000 Euro jetzt).

Fazit: An der Infrastruktur müsste die massenhafte Verbreitung von Brennstoffzellen-Autos nicht scheitern. Höchstens scheitert der Aufbau von mehr Wasserstofftankstellen an der aktuell noch nicht massenhaften Verbreitung von Brennstoffzellen-Autos – ein klassisches Henne-Ei-Problem.

Brennstoffzellenautos bleiben ein Nischenprodukt

Angesichts der unbestreitbaren Vorteile stellt sich gerade in klimaschutzbewegten Zeiten die Frage: Warum kommt das Wasserstoffauto (noch) nicht? Die massenhafte Verbreitung von Brennstoffzellenautos scheitert aktuell noch an der zu teuren Produktion der Autos und an der ebenfalls teuren Infrastruktur. Beides sind nach Einschätzung von Professor Mohrdieck durch Skalierung lösbare Herausforderungen. Bei sechsstelligen Stückzahlen oder mehr ist die Produktion eines Brennstoffzellenfahrzeugs zu ähnlichen Kosten möglich wie die eines batterielektrischen Autos, ist sich Mohrdieck sicher. Ein Schritt zur Vergünstigung ist die Produktion der Brennstoffzelle von Rolle zu Rolle der MEA (Membrane Electrode Assembly), also der Kernkomponente der Zelle. Aktuell entsteht die noch einzeln.

Insgesamt schätzt Mohrdieck die Zukunft des Brennstoffzellen-Autos folgendermaßen ein: "Der Brennstoffzellenantrieb ist vor allem für Kunden interessant, die eine hohe tägliche Reichweite benötigen und Zugriff auf Wasserstofftankstellen haben. Für Fahrzeuge im städtischen Umfeld hingegen ist heute ein rein batterieelektrischer Antrieb eine sehr gute Lösung. Der Mercedes GLC F-CELL (als Hybrid aus beiden Antriebsarten) ist ein wichtiger Schritt für uns, auch wenn wir heute noch keine großen Fahrzeugvolumina darstellen. Wir sind sehr gespannt auf die Rückmeldungen unserer Kunden. Batterie und Brennstoffzelle bilden eine Symbiose. Die beiden Technologien ergänzen sich sehr gut: Die Leistung und Dynamik der Batterie unterstützen die reichweitenstarke und schnell betankbare Brennstoffzelle, die ihren idealen Betriebszustand eher im Teillastbereich hat".

"Vorstellbar wäre in Zukunft eine Kombination skalierbarer Batterie- bzw. Brennstoffzellenmodule – je nach Mobilitätsszenario und Fahrzeugtyp. Wir sind erst am Anfang. Ich denke, Mitte der nächsten Dekade – aber sicherlich nach 2025 – wird die Relevanz der Brennstoffzelle generell und für den Transportsektor signifikant steigen. Dabei werden auch moderate Volumina helfen, Standards zu schaffen, die insbesondere für die Kostenreduktion essenziell sind".

Abschließend meint Mohrdieck: "Damit eine Technologie den Durchbruch schafft, muss sie für beide Seiten – den Kunden und den Hersteller – attraktiv sein".

Fazit: Die Haupthindernisse für die massenhafte Verbreitung von Brennstoffzellenauto sind ihre teure Produktion und die fehlende Infrastruktur. Beides ist ließe sich ausgerechnet durch Massenproduktion vergünstigen. Brennstoffzellenautos sind nicht prinzipiell, sondern nur aktuell noch teuer und müssen keine Nischenprodukte bleiben.

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Fazit

Der Brennstoffzellenantrieb bietet potenziell CO2-neutrale Mobilität, Wasserstoff bietet dank seiner guten Speicherfähigkeit für schwere Fahrzeuge oder Langstrecken Vorteile auch gegenüber dem batterielektrischen Antrieb. Auf Grund des schlechten Wirkungsgrad well to wheel brauchen Wasserstoffautos allerdings große Mengen an idealerweise CO2-neutral erzeugtem Strom. Solange sich CO2-Einsparung für niemanden als finanzieller Vorteil auszahlt, ist die Brennstoffzellen-Technik aber in Relation teuer. Würde sie erstmal massenhaft produziert, würde der Preis auf ein erträgliches Niveau sinken.

Ziel der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung vom Juni 2020 ist es, Deutschland zum weltweit führenden Ausrüster für moderne Wasserstofftechnologien zu machen. Die neun Milliarden sollen Anwendungen etwa in der Stahl- und in der Chemieindustrie, im Wärmebereich, aber auch im Verkehrsbereich fördern. Das schließt nicht aus, dass Wasserstoff in der Mobilität vor allem auf Lkw, Busse und Schiffe begrenzt bleibt.

Allerdings hieße auch das: Das Wirtschaftssystem insgesamt wird mit erheblich größeren Mengen an Wasserstoff hantieren, die Verfügbarkeit wächst. Asiatische Hersteller wie Hyundai und Toyota entwickeln ihre Brennstoffzellenautos konsequent Richtung Großserie. Wenn Autos wie der Hyundai Nexo oder der Toyota Mirai II genauso massenhaft verfügbar und bezahlbar sind, wie Wasserstoff, könnten die Vorteile wie schnelle Betankbarkeit das Brennstoffzellenauto trotz aller Wirkungsgrad-Einwände für viele am batterieelektrischen Fahrzeug vorbeifahren lassen.

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13. November 2022 | Josef Reitberger

Wasserstoff und Brennstoffzellen gelten als Hoffnungsträger für zukünftigen Antrieb. Theoretisch lassen sich mit Wasserstoff sehr große Reichweiten realisieren, und es gibt bereits verfügbare Serienautos, die viel weiter fahren können als übliche Elektroautos. Aber warum finden sie kaum Käufer? Wie funktioniert der emissionsfreie Treibstoff und kann sich der Status in Zukunft noch ändern? erklärt Ihnen alles, was Sie dazu wissen müssen.

Wasserstoff als Auto-Treibstoff findet zwar kaum Käufer, aber immer wieder neue Fans. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger trommelt seit dem Bundestagswahlkampf für Wasserstoff im Auto, Unterstützung fand er unter anderem bei Professor Harald Lesch, der in einem Fernsehbeitrag auf die Überlegenheit der Wasserstoff-Technik hingewiesen hatte, der mittlerweile aber zurückgerudert ist und stark für das Elektroauto plädiert. Fernseh-Comedians wie Dieter Nuhr oder Mario Barth haben sich das E-Auto als Dauer-Aufreger-Thema ausgesucht und verweisen auf die in Deutschland angeblich sträflich vernachlässigte Alternative Wasserstoff hin. Solche Multiplikatoren haben eine große Wirkung: In Umfragen geben 30 Prozent der Deutschen an, dass sie ein Wasserstoff-Auto den anderen Antriebsarten vorzögen.

Warum ist sprechen die Verheißungen eines Wasserstoff-Antriebs so viele Menschen an? Ist die flächendeckende Versorgung mit dem Gas überhaupt möglich? Und ist sie erstrebenswert? Und warum kauft kaum jemand die verfügbaren Autos? Wir analysieren die Technik und die Unterschiede zum Akku-elektrischen Auto.

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Wasserstoff - ein toller Energieträger

Ohne Zweifel: Wasserstoff ist ein toller Energieträger. Zur Herstellung von Wasserstoff benötigt man Wasser und elektrischen Strom, bei der Nutzung des Wasserstoffs durch Verbrennung oder in einer Brennstoffzelle entsteht als Abfallprodukt wieder Wasser. Wasserstoff lässt sich beliebig lange in beliebig großen Tanks lagern, und die gravimetrische Speicherdichte ist sehr hoch: Der Brennwert von einem Kilogramm Wasserstoff liegt bei 33 Kilowattstunden, also bei mehr als dem Dreifachen des Energiegehalts von einem Liter Benzin oder Diesel.

Die Wasserstofftechnik steht mit diesen Kriterien für nichts weniger als die Verheißung einer komplett sauberen Speicherung von erneuerbarer Energie aus Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen. Mit fünf Kilogramm Wasserstoff im Autotank sind mehr als 400 Kilometer Reichweite möglich, das Nachtanken dauert mit fünf bis zehn Minuten nicht wesentlich länger als mit Benzin oder Diesel.

China, Korea und Japan werten diese Vorteile so hoch, dass es in diesen Ländern sehr konsequente Förderprogramme gibt: Insbesondere die westlich orientierten Länder Südkorea und Japan setzen stark auf Wasserstoff für Autos und Nutzfahrzeuge, für die Produktion setzen sie mit Gas-Reformierung und Atomstrom allerdings auf nicht wirklich umweltfreundliche Verfahren. Für die Unabhängigkeit von Ölimporten akzeptieren sie dabei hohe Treibstoffpreise.

Die seit Jahrzehnten aktive deutsche Forschung zur Brennstoffzelle scheint dagegen auf dem Stand zu treten.

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Deutsche Hersteller ohne konkurrenzfähige Produkte

Kein deutscher Hersteller hat ein Modell in der Pipeline, für das eine echte Massenproduktion geplant wäre. Der Mercedes GLC F-Cell war das einzige Auto, das angeboten wurde – allerdings nicht zum Kauf und nicht für private Endkunden. Der Wasserstoff-Akku-Hybrid mit Ladeanschluss war technisch zwar sehr interessant, trotzdem zog Daimler 2020 die Reißleine und stellte das Angebot und die Weiterentwicklung ein. Toyota dagegen will mit der Neuauflage des Mirai die Brennstoffzelle endlich massentauglich machen und sechsstellige Stückzahlen erreichen – gleichwohl arbeitet Toyota mit Hochdruck an der Alternative Festkörper-Akkus.

BMW baut eine Kleinserie von X5 mit Wasserstoff-Antrieb und setzt dafür auf Brennstoffzellen-Technik von Toyota. Ab 2025 könnte aus dieser Kooperation sogar ein Serienauto entstehen.

Hyundai steckt sich hohe Ziele für 2030: 700.000 Brennstoffzellen sollen dann pro Jahr hergestellt werden: Für Autos, LKWs, andere Nutzfahrzeuge, sowie möglicherweise für erste Flugzeuge und Schiffe. Vom aktuellen Brennstoffzellen-Modell Nexo hat Hyundai in Deutschland bislang allerdings noch keine tausend Stück abgesetzt.

Deutsche Hersteller zeigen nur Prototypen

Warum scheint die deutsche Autoindustrie hier nicht richtig mitzuziehen? Warum ist ersten Brennstoffzellen-Prototypen wie dem Mercedes F100, der 1991 auf der IAA gezeigt wurde, oder der Kleinserie Hydrogen 7 mit Wasserstoff-Verbrennungsmotoren von BMW keine Serienfertigung gefolgt? Und warum muss BMW für den geplanten Wasserstoff-X5 auf Technik von Toyota zurückgreifen?

Zunächst einmal ist die Brennstoffzellen-Technik bis heute sehr teuer. Die Brennstoffzellen-Stacks in den neuesten Auto-Modellen kosten in der Herstellung fünfstellige Dollar- oder Eurobeträge, unter anderem deshalb, weil teure Edelmetalle wie Platin dafür nötig sind. Der Prozess in der Brennstoffzelle, bei dem aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrischer Strom und Wasser entstehen, mag recht einfach sein, die Brennstoffzelle als Industrieprodukt ist es nicht: Soll die Zelle Minusgrade aushalten, müssen Wasserreste aus dem Stack geblasen werden. Damit die Reaktion starten kann, muss die Zelle vorgeheizt werden, in Betrieb ist dafür eine Kühlung nötig, weil die Reaktion Abwärme erzeugt.

Die angesaugte Luft muss sehr aufwendig gefiltert werden: Verschmutzungen wie Staubpartikel würden sich an den Zell-Membranen ablagern und auf Dauer die Leistung reduzieren. Auch mit der gefilterten Luft ist die Lebensdauer der Brennstoffzellen-Membranen eine kritische Größe.

Die Leistungssteuerung einer Brennstoffzelle ist komplex und relativ träge: Vom Druck aufs Gaspedal bis zur Reaktion des Antriebs vergeht auch bei den neuesten Brennstoffzellen-Antrieben eine Sekunde. Weil eine hohe Maximal-Leistung aus der Brennstoffzelle nur sehr teuer zu realisieren ist, setzen alle Hersteller auf Puffer-Akkus, die schnell reagieren und hohe Kurzzeit-Spitzenleistungen liefern können. Gleichzeitig liefert der Akku die Energie für das Vorheizen beim Starten des Autos.

Beim Stichwort Akku ist bereits klar: Im Brennstoffzellen-Fahrzeug gibt es alle Komponenten eines reinen E-Autos, wenn der Akku üblicherweise auch recht klein ist (wenige Kilowattstunden). Daimler machte aus der Not eine Tugend: Der GLC F-Cell war ein Plugin-Hybrid, das heißt, der Akku ist so groß, dass er für 50 Kilometer Fahrstrecke reicht. Und er kann direkt an der Steckdose geladen werden. Nur für längere Fahrten wird die Brennstoffzelle dann aktiv.

Der technische Aufwand für den Brennstoffzellen-Antrieb bedingt, dass ein solches Auto kaum billiger werden kann als ein reines E-Auto mit Lithium-Ionen-Akku. Dazu kommt, dass auch die Tanks aufwendig, schwer und teuer sind: Die Wasserstoff-Moleküle sind so klein, dass sie herkömmliche Werkstoffe durchdringen. Normaler Stahl wird durch den Wasserstoff spröde, weil Wasserstoff-Atome sich in das Metall-Gitter einlagern. Die Tanks in den aktuellen Autos sind deshalb speziell wasserstoffdicht beschichtet.

Das ist aber nicht das einzige unkonventionelle an den Tanks. Sie werden mit 700 bar Druck befüllt – nur so passen in die über 100 Liter Gasvolumen, die die Tanks des Toyota Mirai speichern, fünf Kilogramm Wasserstoff. Damit sie dem Druck unter allen Bedingungen standhalten, sind die Tanks dickwandig und aus Verbundwerkstoffen gewickelt – mit anderen Worten: Sie sind teuer und groß. Pro Kilowattstunde speicherbarer Energie mögen die Tanks heute Akkus beim Preis unterbieten, diese Tanks kommen aber zusätzlich ins Auto.

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Transport und Lagerung sind energieaufwendig

Das Druck- und Volumen-Problem mit Wasserstoff beginnt nicht erst im Tank. Dazu ein paar Größen: Bei normalem Umgebungsdruck hat ein Kilogramm Wasserstoff ein Volumen von über elf Kubikmetern (ein Kilogramm Wasserstoff reicht bei einem Hyundai Nexo oder beim Mirai für 80 bis 100 Kilometer). Weil der Wasserstoff nicht durch existierende Gaspipelines gepumpt werden kann (das Gas würde an jedem Ventil entweichen und der Stahl würde geschädigt), muss er auf der Straße zu den Tankstellen transportiert werden. In einen großen Tank-Auflieger mit 36 Kubikmeter Volumen passen 27 Tonnen Benzin. Bei 700 bar Druck wären in diesem Volumen weniger als zwei Tonnen Wasserstoff unterzubringen, aber ein Tank-Auflieger in dieser Größe hält solchen Drücken nicht Stand.

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Der Gas-Spezialist Linde bietet es deshalb an, Wasserstoff in flüssiger Form zu liefern. Was bei Flüssiggas (wie im Feuerzeug) einfach und praktisch geht, ist beim Wasserstoff aber extrem aufwendig: Der Siedepunkt liegt bei -252 Grad, das heißt, die Verflüssigung braucht sehr leistungsstarke Kühlanlagen, die entsprechend viel Energie benötigen. Weil ein Liter flüssiger Wasserstoff mit 70,8 Gramm immer noch extrem leicht ist, passen in den großen LKW-Tank weniger als 2,6 Tonnen davon. Ein Flüssig-Wasserstoff-Tank muss zwar keine Drücke aushalten, dafür muss er aber stark isoliert werden, was einen großen Teil des Volumens kostet, und er muss schnell ans Ziel: Die Verdunstungs-Kälte des siedenden Wasserstoffs kühlt den Tank zwar, der verdunstete Wasserstoff entweicht aber. Konzepte für die Distribution von Flüssigwasserstoff sehen deshalb gleich vor, dass die LKWs direkt mit dem abkochenden Wasserstoff betrieben werden.

In den USA sind freilich schon Tank-LKW auf den Straßen, die mit 64 Kubikmetern Volumen deutlich größer sind als deutsche Transporter. Aber selbst die damit möglichen 4,5 Tonnen Flüssigwasserstoff haben nur den halben Energie-Gehalt eines deutschen Benzin-Transporters.

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Vereisende Zapfhähne, langsamer Druckaufbau

Beim Tanken machen die hohen Drücke in den Tankanlagen weitere Probleme: Der sehr stark verdichtete Wasserstoff strömt durch einen Zapfhahn ins Auto. Dabei treten große Druckunterschiede auf, was dazu führt, dass der Zapfhahn abkühlt und je nach Luftfeuchtigkeit vereist. Ältere Zapfsäulen brauchen vor dem nächsten Tankvorgang einige Minuten, um erst wieder Druck aufzubauen. Mehr als sechs Autos pro Stunde können aber auch die neuesten Tankanlagen (die mit rund einer Million Euro pro Installation sehr teuer sind) deshalb nicht abfertigen.

Kernproblem Wirkungsgrad

All diese Nachteile von Wasserstoff stehen heute einem wirtschaftlichen Einsatz entgegen. Es gibt aber noch einen weiteren Punkt, der gegen Wasserstoff im Auto spricht. Anlässlich des Expertenforums Elektromobilität zeigte der Emobilitäts-Experte Michael Bucher von EnBW die Wirkungsgrad-Problematik auf: Während ein Elektro-Auto mit Akku-Technik dazu in der Lage ist, über 75 Prozent der elektrischen Energie, die in einer Windkraft- oder Photovoltaik-Anlage erzeugt worden ist, in Vortrieb umzusetzen, bleiben bei der Kette vom Strom über die Wasserstofferzeugung per Elektrolyse, die Kompression (oder Kühlung), den Transport, die Tankanlage, die Brennstoffzelle und den Puffer-Akku im Auto nur gut 25 bis 30 Prozent der Energie übrig. Das bedeutet, dass für Wasserstoffmobilität pro Kilometer mehr als die dreifache Strom-Menge notwendig ist, also auch dreimal so viele Windkraft- oder Solaranlagen gebaut werden müssten. „Der Mann auf der Straße wartet auf Wasserstoff“ resümiert Bucher, die Technik sei aber viel zu ineffizient, um mit Batterie-elektrischen Autos konkurrieren zu können.

Noch schlechter als die Brennstoffzelle schneidet dabei übrigens die Weiterverarbeitung von Wasserstoff zu so genannten eFuels ab: Dazu wird unter großem Energie-Einsatz Kohlendioxid aus der Luft abgeschieden, was einen großen Teil der Primär-Energie auffrisst. Das Kohlendioxid wird mit Wasserstoff zu Methan/Methanol und weiter zu langkettigen Kohlenwasserstoffen verarbeitet, wie sie in Benzin und Diesel vorkommen. Das Nutzen von eFuels in klassischen Verbrennungsmotoren zeigt den gleichen schlechten Wirkungsgrad wie mit Benzin oder Diesel (zwischen 25 und 30 Prozent): Am Ende kommen 13 Prozent der aufgewendeten elektrischen Energie als Antriebs-Energie auf der Straße an. BMWs Versuche mit der direkten Verbrennung von Wasserstoff im Verbrennungsmotor lagen sogar noch etwas schlechter.

Akkus entwickeln sich schneller weiter als Brennstoffzellen

Natürlich geht die Entwicklung bei der Brennstoffzelle kontinuierlich weiter. Der Wirkungsgrad der Zellen wird besser werden, die Akku-Pufferung kann vermutlich zurückgefahren werden. Das Transportproblem und die Energieaufwände dafür werden sich aber nicht ändern lassen – und diese Probleme sind den deutschen Herstellern, die (im Fall von Daimler und BMW) seit Jahrzehnten forschen und Prototypen bauen bewusst. Der größte Feind der Brennstoffzelle im Auto ist allerdings die Entwicklung der Akkutechnik, die in den letzten Jahren um Größenordnungen schneller vorangegangen ist als die der Wasserstofftechnik. Ein sehr deutliches Beispiel für die Entwicklung bei der Akkutechnik ist der BMW i3: Von der ersten Generation aus dem Jahr 2013 bis zur 2018 eingeführten Akku-Generation gab es annähernd eine Verdopplung der Akkukapazität, ohne dass sich die Abmessungen oder das Gewicht verändert hätten. Ähnliche Sprünge gibt es bei Tesla, die beim Model 3 nach drei jahren sogar eine komplett veränderte Akku-Chemie (Lithium Eisenphosphat) einsetzen, damit Kobalt als Problemrohstoff umgehen und gleichzeitig die Lebensdauer in den Bereich einer Million Kilometer erhöhen.

Der BMW X5 hydrogen, den die Münchner gerade in einer Kleinserie auflegen, und der auf Brennstoffzellen-Technik von Toyota zurückgreift, soll eine Reichweite von 600 Kilometern bieten. Der seit über einem Jahr verfügbare und sehr erfolgreiche BMW iX schafft diese Reichweite heute als Serienauto, er lässt sich an tausenden Schnellladesäulen in Deutschland innerhalb von 30 Minuten wieder aufladen und er startet morgens immer mit vollem Akku, wenn er über Nacht an einer Wallbox hängt. Wasserstoffautos haben dagegen weite Wege zu den geeigneten Tankstellen (es gibt zurzeit knapp 100 davon in Deutschland, außerhalb von Deutschland und den Niederlanden dafür nur eine Handvoll Zapfsäulen).

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Wasserstoff im stationären Einsatz

Wasserstoff kann und muss eine ganz andere Karriere machen: Zum Beispiel kann das Gas, das zu Überproduktionszeiten von erneuerbarem Strom erzeugt worden ist, direkt in der Stahlverhüttung eingesetzt werden und dort Kohle ersetzen. Das CO2-Einsparpotenzial pro eingesetztem Kilogramm Wasserstoff ist viel größer als beim Brennstoffzellenauto, der technische Aufwand dabei relativ gering. Auch für die Zementproduktion werden Prozesse entwickelt, die fossile, CO2-intensive Brennstoffe durch Wasserstoff ersetzen. Am Ende könnte es sogar sinnvoll sein, überschüssigen Strom in stationären Anlagen mit sehr großen Tanks in Wasserstoffproduktion zu stecken und das Gas bei Strom-Unterversorgung in Gasturbinen mit Kraft-Wärme-Kopplung zu verheizen oder direkt in großen Gas-und-Dampf-Kraftwerksblöcken, die bis zu 60 Prozent Wirkungsgrad erreichen. Der Wirkungsgrad solcher Anlagen liegtweit über dem eines Brennstoffzellen-Autos – und der damit erzeugte Strom könnte Elektroautos mit Akku aufladen. Und selbst wenn es eine verlässliche und bezahlbare Versorgung der deutschen Tankstellen mit Wasserstoff gäbe: Stationäre Industrie-Brennstoffzellen könnten dort Strom für E-Auto-Ladestationen erzeugen. Der Gesamtwirkungsgrad wäre bei einer solchen Kette höher als mit mobilen Brennstoffzellen in den Autos.

Wasserstoff-Reichweiten auch im E-Auto – das sind die Autobahnstars

600 Kilometer Reichweite versprechen heute schon etliche Elektroautos, diese Zahl ist kein Alleinstellungsmerkmal der Wasserstoff-Autos mehr. Wieviel davon in der Praxis übrigbleibt, testet bei jedem Auto mit einer anspruchsvollen Autobahn-Verbrauchsrunde. Als Vergleichsmaßstab: Mit dem Toyota Mirai 2 darf man mit 400 Kilometern auf der Autobahn rechnen.

E-Autos mit hohen Autobahnreichweiten.

Die Vor- und Nachteile von Wasserstoff-Autos

Wasserstoff ist ein chemisches Element mit der Formel H2. Er dient Fahrzeugen mit Brennstoffzelle als Treibstoff. Da er wie Strom kein Primärenergieträger ist, muss er zunächst erzeugt werden. Das kostet Energie, sodass Wasserstoff nur zu einem ökologischen Kraftstoff wird, wenn er vorher durch regenerative Energien wie Wind- oder Wasserkraft per Elektrolyse erzeugt wird.

Gasförmiger Wasserstoff enthält aufgrund seiner geringen Dichte mehr Energie pro Gewichtseinheit als andere Brennstoffe. Um ihn als Treibstoff speichern zu können, muss Wasserstoff stark komprimiert (mit bis zu 700 bar) oder verflüssigt werden (bei bis zu – 253 Grad Celsius).

Was sind Wasserstoff-Fahrzeuge?

Autos mit Brennstoffzelle sind Elektrofahrzeuge, die mit der Energie aus Wasserstoff fahren. Die Brennstoffzelle findet in einem konventionellen Pkw Platz: Im Motorraum sitzt ein Brennstoffzellen-Stapel, der Strom aus Wasserstoff generiert. Daneben sitzt ein Elektromotor. Im Heck befinden sich meist die Tanks, in denen gasförmiger Wasserstoff gespeichert wird. Durch Leitungen wird der Wasserstoff aus den Tanks zum Brennstoffzellen-Stapel transportiert.

Wie arbeitet eine Brennstoffzelle?

In der Brennstoffzelle treffen Wasserstoff und Sauerstoff an einer Elektrolytmembran aufeinander und reagieren in einem chemischen Prozess zu Wasser. Der Wasserstoff wird in Protonen und Elektronen gespalten. Bei dieser Reaktion wird die Energie, die im Wasserstoff gespeichert ist, freigegeben. Diese lässt sich entweder in einer Batterie speichern oder treibt direkt einen Elektromotor an.

Der Gesamtwirkungsgrad eines Brennstoffzellen-Fahrzeugs liegt mit bis zu 65 Prozent höher als bei den meisten konventionellen Benzinern (bis zu 40 Prozent) und Dieseln (bis zu 45 Prozent). Der Elektromotor mit etwa 90 Prozent Wirkungsgrad ist nicht zu schlagen. Wirkungsgrad bedeutet, dass von 100 Prozent Energie (Kraftstoff oder Strom) X Prozent fürs eigentliche Fahren verwendet werden können – der Rest verpufft als Hitze.

Welche Fahrzeuge gibt es zu kaufen?

Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) sind in Deutschland derzeit (Stand Januar 2018) 344 Fahrzeuge mit Brennstoffzelle angemeldet, davon 325 Pkw – bei einem Gesamtbestand von 46,4 Millionen Autos. Im Vergleich zu Hybridmodellen und Elektroautos ist das Angebot an Fahrzeugen mit Brennstoffzellen noch dünn. Aktuell bietet Hyundai den ix35 Fuel Cell (136 PS, 65.450 Euro brutto) und Toyota den Mirai (155 PS, ab 78.600 Euro brutto) an. Mercedes hat vor Kurzem den GLC F-Cell mit Brennstoffzelle vorgestellt. Verkauft werden soll das Auto aber nicht, lediglich rund 1.000 Fahrzeuge werden an ausgewählte Kunden verliehen. Die Bundesregierung fördert reine Elektrofahrzeuge mit bis zu 4.000 Euro, solange sie weniger als 60.000 Euro netto kosten.

Wie fahren Autos mit Brennstoffzelle?

Brennstoffzellen-Autos fahren geräuscharm und emissionsfrei wie Elektrofahrzeuge. Die Fahrer müssen im Vergleich zu konventionell betriebenen Pkw auf nichts weiter achten. Der einzige Unterschied ist ein leises Zischen, das der Fahrer im Innenraum hört, wenn der Kompressor beim Beschleunigen viel Luft durch die Brennstoffzelle presst. Statt Abgasen kommt aus dem Auspuff Wasser.

Wie weit kommen Brennstoffzellen-Fahrzeuge mit einer Tankfüllung?

Der Toyota Mirai schafft etwa 450 Kilometer, der Hyundai Nexo (ab 69.000 Euro brutto), der im Herbst 2018 auf den ix35 Fuel Cell folgt, soll 600 Kilometer weit fahren können. Das Problem ist aber nicht die Reichweite, sondern die nächste Tankstelle.

Wo gibt es Tankstellen?

Der große Haken bei Brennstoffzellen-Fahrzeugen, die Wasserstoff tanken, ist die Infrastruktur. In Deutschland gibt es derzeit nur rund 45 Wasserstoff-Tankstellen, die wenigsten davon sind öffentlich. Bis Ende 2023 sollen 400 Tankstellen entstehen. Zum Vergleich: An den derzeit rund 14.000 Tankstellen mit Benzin und Diesel in Deutschland bieten etwa 6.500 Tankstellen Autogas und 870 Erdgas an.

Das branchenübergreifende Unternehmen H2Mobility plant den weiteren Ausbau auf 400 Stationen bis zum Jahr 2023 und will dafür rund 350 Millionen Euro investieren. Für ein flächendeckendes Netz in Deutschland sind allerdings rund 1.000 Wasserstofftankstellen erforderlich.

Hat die Brennstoffzelle Zukunft?

Bis die Brennstoffzelle im Auto als gängige Alternative angeboten wird, werden noch einige Jahre vergehen. Bei vielen Herstellern liegt der Fokus von Forschung und Entwicklung derzeit auf reiner Elektromobilität. Bisher gibt es nur wenige Tankstellen und noch weniger Fahrzeuge. Der Kauf ist nur Technikbegeisterten zu empfehlen, die eine Wasserstoff-Tankstelle in der Nähe haben – und das nötige Kleingeld für den Kauf.

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